Der Bornholm-Code: Roman

Es mutet schon seltsam an, wenn ein so bekannter französischer Autor wie Jean-Christophe Grangé sich in so brandgefährliche deutsche Gefilde wagt. Also ins Berlin der Nazizeit, ist das nun mutig oder gewagt? Ich war also gleichermaßen skeptisch wie neugierig, auf was wir Leser hier stoßen würden. Auf jeden Fall schaffte es Grangé mich über 680 Seiten konstant bei der Stange zu halten und hier einen echten Pageturner abzuliefern.
Das oben erwähnte so ungleiche Trio besteht aus – Ladies first – der zarten Baronin Minna von Hassel mit psychiatrischer Ausbildung, ihrem Berufskollegen, dem attraktiven, aber kleinen Simon Kraus und dem Riesen von der Gestapo: Franz Beewen.
Minna kümmert sich mit viel Herzblut um psychisch kranke Patienten in einem abgelegenen Institut. Wenn auch mit äußerst fragwürdigen, aber gut gemeinten Heilmethoden. Auch Franz Beewens Vater lebt dort, ein Kriegsgeschädigter im Geiste. Simon Kraus hat eine Privatpraxis im zentralen Berlin und die schönsten (verheirateten) reichen Frauen, die sogenannten Adlon-Damen, kommen zu ihm. Manchmal schläft er mit ihnen, manchmal erpresst er sie, manchmal beides. Franz Beewen, der Skrupellose, dessen Dienstgrade und Tätigkeitsfelder von oben je nach Gusto der Vorgesetzten gewechselt werden, versucht sich tapfer zu schlagen bei der Mordermittlung, um die es hier geht. Denn sein Vorgänger von der Kripo ist dabei ums Leben gekommen, da heißt es mit äußerster Vorsicht zu hantieren.
Eines Tages wird also eine junge Schöne von Kraus‘ Klientinnen grausam ermordet aufgefunden und im Zuge dieser Ermittlungen kommen die Kontakte zum Rest des erwähnten Trios zustande. Alle Drei bringen ihre jeweiligen – sehr unterschiedlichen – Fähigkeiten in die Mördersuche mit ein.
Dies ist so spannend beschrieben, der Autor muss sehr lange und intensiv recherchiert haben, um so treffsicher (nicht nur) die Locations der damaligen Zeit in unseren Köpfen entstehen zu lassen. Also: Kopfkino vom Feinsten.
Die Protagonisten sind so herrlich schräg, dass das Lesen sehr viel Spaß macht, trotz der fast unvorstellbaren Grausamkeiten, die hier geschildert werden. Z. B., Zitat auf Seite 74, da geht es um Minna, in ihrem Institut: „Schwere Schritte hinter ihr. Allein am Klang erkannte sie Albert, eine Art fettes Ungetüm, das in seinem Kittel wohl auch schlief. Sie wandte sich um: tatsächlich. Er war Nazi, halbwegs dämlich, aber man konnte sich auf ihn verlassen. Sie war ein paarmal mit ihm im Bett gewesen.“ Ich fand das so witzig, dieser Humor, der überall durchblitzt, macht die Folter, die unerträglichen Zustände und den Sadismus der Befehlshaber so halbwegs erträglich. Für schwache Nerven ist dieser Thriller allerdings überhaupt nicht geeignet.
Es gibt viele, viele falsche Fährten. Diese Irrwege sind so gekonnt eingebaut und so glaubwürdig, man kann quasi danebenstehen, bzw. sitzt ganz nah dran am Geschehen.
Fazit: Hut ab vor Grangés riesiger Recherche, der gekonnten Umsetzung und dieser pageturner-mäßigen Spannung. Am Schluss allerdings wurde es mir zu bunt, wenn auch Versöhnliches nach all dem Bösen mit anklingt. Nichts für Zartbesaitete! ****
Nachdem meine Tageszeitung "Tanz mit dem Tod" von Christian von Ditfurth etwas verrissen hatte, dachte ich mir, "jetzt erst recht". Denn die Begründung vfür den verriss fand ich äußerst fragwürdig. Weil mit Ernst Gennat eine historische Figur der Berliner Kripo im Roman auftaucht, wurde Ditfurth quasi unterstellt, auf der Kutscher-Welle mitschwimmen zu wollen. Doch erstens hat Ditfurth schon historische Krimis aus der Zeit des Dritten Reiches geschrieben (s. "Der Konsul"), als Kutscher noch gar nicht bekannt war, zweitens kommt man auch nicht an Gennat vorbei, wenn man sich für diese Handlungszeit und den Handlungsort Berlin entscheidet.
Zum Fall: er setzt unmittelbar vor der Machtergreifung der Nazis ein, im Winter 32/33. Ein SA-Trupp stürmt ein Lokal und bringt einen KPD-Aktivisten um. Anwsende Zeugen können einen der Täter identifizieren, was den jungen Ermittler Karl Raben ins Spiel bringt. Er deckt die Hintergründe der Tat auf, obwohl weitere Opfer, die überlebenden Zeugen aus dem Lokal, zu vermelden sind. Doch Raben verbeißt sich in den Fall und schafft es sogar, den nach Österreich geflüchteten Täter nach Deutschland zurückzuholen. Doch scheint alles umsonst gewesen zu sein, denn unmittelbar nach der Machtergreifung wird dieser aufd freien Fuß gesetzt und als Held gefeiert. Doch Rabens Hartnäckigkeit hat ihren Preis, Reinhard Heydrich, Chef des SD, wurde so auf seine Fähigkeiten als Zielfahndser aufmerksam und rekrutiert ihn für die SS. Raben, alles andere als ein überzeugter Nationalsozialist, muss sich auf diesen Pakt mit dem Teufel einlassen, denn zum einen hat er eine jüdische Freundin,die nun quasi unter dem "Schutz" von Heydrich steht, zum anderen ist er selbst ein potentielles Opfer der nachtragenden SA. Also lässt er sich auf ein mörderisches Spiel ein, als Zielfahnder soll er die letzten Reste einer KPD-Widerstandszelle aufspüren, insgeheim hofft er aber immer noch, den Täter zur Rechenschaft zu ziehen, was ihm auf eine perverse Art und Weise auch gelingt, indem er die Hinrichtungswelle nach dem sogenanntn Röhm-Putsch ausnutzt.
Der Roman, sieht man mal von der etwas unglaubwürdigen Grundlage des Eintritts Rabens in die SS ein, hat mich überzeugt und gut unterhalten, da er offensichtlich der Auftakt zu einer Reihe, die bis in die Nachkriegszeit reicht, sein soll, ist zu hofffen, dass die Nachfolger das hohe Niveau halten können.
Toll erzählt
Mord, Schicksal & Religion im 17. Jahrhundert: ein mitreißendes Thrillererlebnis!
"Der Fluch des Fremden" ist ein historischer Thriller von Alexander Hartung. 1970 in Mannheim geboren hat A. Hartung schon während seines Volkswirtschaftstudiums seine Liebe zur Schriftstellerei entdeckt. Nach seinem Studium lebte und arbeitete er in Berlin & Frankfurt. Seit 2014 hat er sich vielseitig als Autor betätigt und war damit überaus erfolgreich. Heute lebt er mit seiner Familie wieder in Mannheim.
Zum Inhalt:
17.Jahrhundert in Deutschland, Furtenblick. Das alljährliche Dorffest hat alle Bewohner auf dem Marktplatz zusammenkommen lassen. Völlig überraschend taucht ein Fremder auf. Er tritt ans Podium und verflucht die Dorfgemeinschaft. Er sagt den grausamen Tod mehrerer Bürger vorher. Die Bürger sind sofort verängstigt und versuchen das Gehörte zu vergessen. Wie aber könnten sie? Der Fremde hat sich nach seinem Auftritt von einer Klippe, vor aller Augen, in den Tod gestürzt. Schon nach kurzer Zeit findet sich der erste Tote. Wer steckt hinter dem gewaltsamen Tod? Der Fluch des Fremden oder ein Mensch aus Fleisch und Blut?
Schon bei der ersten Betrachtung fühle ich den Sog:
Der Titel in Form eines antiken Kruzifix auf Asche gebetet umgeben von einer roten Glut...
Nachdem ich die Leseprobe gelesen habe ist mir klar, dass dieses Buch für mich sehr interessant ist. Obwohl ich kein wirklicher Fan des 17.Jahrhunderts bin, freue ich mich auf die Lektüre.
Mein Eindruck
Aufbau; Spannung, Logik, Generelle Umsetzung
Ich kenne den Schreibstil des Autoren und stelle auch bei diesem historischem Thriller fest, dass ich schnell von der Story gefesselt bin. Während die Handlung sich vor meinem inneren Auge entfaltet, fällt es mir schwer das Buch für eine Lesepause beiseite zu legen. Die Protagonisten sind sehr gut vorgestellt und charakterisiert worden. Obwohl ich mich in diesem Jahrhundert kaum auskenne, fühle ich mich schon sehr früh in der Zeit und in ihren Besonderheiten gut zurecht. Die Hauptpersonen der Erzählung gefallen mir und ich kann sie mir bildlich vorstellen. Auch ist es A. Hartung gelungen, meine Sinne & Emotionen so zu triggern, dass ich ein vollumfassendes zufriedenes Leseerlebnis habe. Von Kapitel zu Kapitel steigt die Spannung.
Zusammenfassung:
Ein gut gelungener historischer Thriller. Durch die Anpassung der Sprachgewohnheiten an unsere im Jahr 2022, ist es möglich dem Verlauf der Erzählung ohne sprachliche Irritationen, zu folgen. Das mag dem ein oder anderem als störend auffallen.
Ich persönlich finde es gut. So steht einzig die Geschichte und nicht die, für uns inzwischen doch sehr unüblichen & förmlichen Redewendungen, wie z. Bsp. persönliche Rede in der dritten Person oder das übliche "Siezen", etc. im Vordergrund.
Fazit:
Mir hat der Thriller sehr gut gefallen und der Erzählstil war super flüssig lesbar. Ich vergebe sehr gute 4*Lesesterne verbunden mit einer Leseempfehlung für Liebhaber des historischer Spannungsgenre und denen, die es einfach einmal ausprobieren möchten.
ISDN: 9783948346638
Verlag: Maximum
Veröffentlichung: 05.12.2022
Herzlichen Dank für das Leseexemplar!
Dirnen, Vagabunden, Bettler. Wer die bisherigen drei Historischen Romane von Albrecht Sommerfeldt kennt, weiß, dass sich der Hamburger Autor gern auf die Seite der Schwachen und Hilfsbedürftigen schlägt. In seinen Geschichten regieren Schmutz und Armut, manchmal auch Gewalt und ein wenig Spuk. So auch im jüngst erschienenen Erzählband "Gassengeflüster", mit dem Sommerfeldt die Pause bis zu seinem neuen, für das nächste Jahr geplanten Roman "Sold und Sühne" gewohnt kreativ und spannend überbrückt.
Vier mehr oder weniger lange Erzählungen zwischen 35 und 90 Seiten beinhaltet das "Gassengeflüster". Während der Auftakt "Wer anderen eine Grube gräbt" mit seinem vor allem atmosphärisch gelungenem Leichengefledder noch stark an Sommerfeldts Debüt "Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen" erinnert, folgt die größte Überraschung des Buches mit der zweiten Geschichte "Die Witte Tulp", die nicht nur wegen ihrer Länge wohl als Herzstück des Buches bezeichnet werden kann. In Tagebuchform lässt der Autor den Naturwissenschaftler Jacob Voigt von April bis Juli 1642 die Geschichte eines Schiffbrüchigen erzählen, der gemeinsam mit einer Handvoll niederländischer Matrosen auf einer unbewohnten Insel strandet und sich dort mit zunehmender Dauer einem unerbittlichen Überlebenskampf ausgesetzt sieht. Sommerfeldt experimentiert hier mit der Sprache und lässt diesen Voigt selbst die schauerlichsten Dinge extrem nüchtern und gewählt erzählen. Das wirkt bisweilen aberwitzig und brachte mich mehrfach trotz der Grausamkeit der Geschichte zum Lachen. Gerade weil sich Voigt als recht unzuverlässiger Erzähler präsentiert und Dinge, die ihn in ein schlechtes Licht rücken könnten, bewusst verheimlicht. Zwar weist "Die Witte Tulp" im Mittelteil die ein oder andere Länge auf, was jedoch zum zähen Ringen auf der Insel so gut passt, dass ich diese nach dem überraschenden Finale kaum noch als eine solche wahrnahm.
Der zweite Höhepunkt des Buches folgt mit "Das Sichtbare vergeht..." auf dem Fuße. Der aus den "Glunterschratzen" bekannte Wanderprediger Thomas von Marburg soll in einer nicht näher bezeichneten norddeutschen Stadt aufklären, warum zwei Frauen aus dem benachbarten Stift des Nachts eine Leiche ausgraben und eine dieser Frauen dabei zu Tode kommt. Marburgs Gefängnis-Besuche bei der überlebenden Stiftsvorsteherin Dorothea von Erlmoor entpuppen sich als das eigentliche Spektakel der Erzählung. Die beiden von der Intelligenz ebenbürtigen Gegenspieler:innen mögen ein wenig an Clarice Starling und Dr. Hannibal Lecter erinnern. Nur ohne "Quid pro quo", denn Dorothea schweigt beharrlich. Das Ende der Geschichte verblüfft mit einem unerwarteten Kniff, der sicherlich lange in Erinnerung bleiben wird.
Abgerundet wird das "Gassengeflüster" mit der diesmal einzigen Geschichte aus Hamburg namens "Bis dass dein Tod uns scheidet". In ihr sieht sich der junge Gaukler Lorenz einem moralischen Dilemma ausgesetzt, als er nach einem Einbruch ein "schrecklich nettes" Ehepaar trifft und entscheiden muss, wem er trauen kann. Eine Frage, die über Leben und Tod entscheidet...
"Gassengeflüster" ist ein insgesamt überzeugender Erzählband, in dem jede Geschichte für sich punkten kann. Atmosphärisch, spannend und augenzwinkernd lädt Albrecht Sommerfeldt damit alte und neue Leser:innen ein, sich den düsteren Gestalten in den Gassen der frühen Neuzeit anzuschließen. Mich haben vor allem die beiden mittleren Erzählungen überzeugt, die mehr als nur ein Appetithappen auf den nächsten Roman sind. Wobei zu viel Appetit auch nicht gut ist, wie einige Figuren in diesem Buch eindrücklich zeigen. Denn bei der Lektüre bleibt einem auch schon mal das Lachen im Halse stecken...
m „Hotel Portofino“ kann man ein paar unterhaltsame Tage mit interessanten Twists, Liebe, Intrigen, Betrug und politischen Zwistigkeiten unter der warmen Sonne der italienischen Riviera verbringen. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Hotelbetrieb des Ehepaars Ainsworth und ihrer Kinder, der von einer sehr überschaubaren Anzahl von Mitarbeitern am Laufen gehalten wird, und die vorübergehende Heimat für eine mehr oder weniger illustre Gästeschar bildet. Der Roman transportiert einen in die goldenen 1920er Jahre, die mit einigen Referenzpunkten aus Literatur und Zeitgeschichte gut kontextualisiert werden.
Handlungs- und figurentechnisch erinnert der Roman sehr an eine Soap Opera. Zahlreiche Figuren bevölkern das Hotel Portofino, die Handlungsstränge sind mal mehr, mal weniger stark miteinander verknüpft, episodenhaft werden Ereignisse angerissen, die dann aber im weiteren Verlauf kaum noch eine Bewandtnis haben. So bleibt der Roman in Figurenzeichnung und Handlungskomplexität doch ziemlich an der Oberfläche. Oftmals fühlte ich mich an flüchtige Begegnungen in einer Hotellobby erinnert, in denen man Personen nur kurz begegnet, Small Talk hält und sich der nächsten zuwendet. Ein wenig entbehrt der Roman durch sein Interesse an all den Figuren, die er in seine Handlungsstruktur einbindet, eines roten geordneten Fadens. Es scheint zeitweise einfach mit zu vielen Figuren jongliert worden zu sein, obwohl eine merkwürdige Disbalance herrscht, denn es gibt realistisch gesehen einfach zu wenig Dienstboten. Dazu schleicht sich der „Downton Abbey“-Effekt ein: das Verhältnis zwischen Untergebenen und Vorgesetzen gestaltet sich oft zu freundschaftlich und zu sehr auf Augenhöhe.
Das grundsätzliche Überangebot an Figuren führt auch zu einem Überfluss an Handlungsteilen, die alle irgendwie nicht richtig zu Ende gedacht oder geführt werden. Der Schluss ist dazu genau so gestaltet, wie man es von Staffelenden von TV-Serien kennt. Zwar erhalten einige Figuren eine Art von Ende für ihren Handlungsstrang, dieser ist aber so strukturiert, dass im Grunde eine Fortsetzung fast schon notwendig scheint. Für einen Roman fand ich diese Art des Endes sogar eher ärgerlich.
Insgesamt habe ich den Roman gern gelesen, ich wurde gut unterhalten, es gab immer wieder Handlungsteile, die meine Aufmerksamkeit gefangen nahmen, oft dümpelte ich aber auch träge durch die Wärme der italienischen Sommertage und wartete auf den nächsten kühleren Handlungstwist, der tatsächlich auch zwei- bis dreimal eingelöst wurde. „Hotel Portofino“ ist ein Sommerurlaubsbuch, das nicht viel fordert, aber auch nicht alle Versprechungen einlöst, für ein paar vergnügliche Lesestunden mit Ferienfeeling jedoch durchaus geeignet ist.
Klappentext:
„Sommer 1926 an der italienischen Riviera: Das spektakulär schön gelegene Hotel Portofino ist erst seit ein paar Wochen wiedereröffnet. Doch schon jetzt haben die Eigentümer, das britische Upperclass-Ehepaar Bella und Cecil Ainsworth, mit Problemen zu kämpfen: Es fehlt an Geld und Personal. Und spätestens als eine verflossene Liebe von Cecil im Hotel eintrifft, deren Tochter mit Bellas und Cecils Sohn Lucian verheiratet werden soll, wachsen die Spannungen zwischen dem Hotelbesitzerpaar. Lucian, der schwer traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, verfolgt unterdessen ganz eigene Pläne. Er liebt die Kunst, das italienische Lebensgefühl – und hat ein Auge auf das Kindermädchen Constance geworfen. Während mehr und mehr illustre Gäste das Hotel bevölkern, darunter eine Tänzerin, ein Kunstkenner, ein erfolgreicher Tennisspieler, entwickelt sich eine Privatfehde zwischen Bella und dem Mussolini zugeneigten Gemeinderat. Als dann auch noch ein wertvolles Gemälde verschwindet, ist alles in Aufruhr …“
In „Hotel Portofino“ erleben wir Leser eine Zeitreise inkl. Urlaubsfeeling gleichermaßen. An Spannung mangelt es hier nicht und an außergewöhnlichen Gästen erst recht nicht. Egal welche Geschichte hier beleuchtet, erzählt wird, sie hat einen gewisse Neugier inne und passt eben gekonnt zum Hotelleben. Schnell verfängt man sich in der Geschichte und fiebert hier und da mit, ist gespannt auf das was noch kommt und bleibt somit wirklich konstant am Lese-Ball. Die Story ist weder „Cluedo“-like oder eine Art „Schloss am Wörthersee“ - hier liegt eine tolle Mischung vor, mit einem fließenden Sprach- und Schreibstil dem man gerne folgt ohne zu sehr in Kitsch abzudriften.
Mein Fazit: eine schöne Sommer-Lektüre mit allerhand interessanten Personen und Geschehnissen. 4 von 5 Sterne
1619, vor den Toren Hamburgs: Auf dem Hamburger Berg liegt der Pesthof - ein Ort, an dem sich der Aussatz der Hamburger Gesellschaft befindet, um sich auf sein mehr oder weniger langes Dahinsiechen vorzubereiten. Zwischen den Schwindsüchtigen, Tollen und Gichtkranken befindet sich auch Merten Overdiek, ein Hamburger Kaufmann, der zwischen all den Verstoßenen eine Sonderrolle einnimmt. Einerseits genießt er wegen seiner Bildung und seines Wohlstands ein durchaus hohes Ansehen. Doch andererseits ist er selbst unter den Kranken und geistig Verwirrten ein Außenseiter. Denn Merten hat Lepra und darf nicht einmal mit dem Rest des Hofes die Mahlzeiten gemeinsam einnehmen. Als es auf dem Pesthof zu diversen mysteriösen Todesfällen kommt, ergreift Merten die Gelegenheit, der Einsamkeit auf dem Hof zu entkommen und macht sich kurzerhand selbst an die Ermittlungen. Eine Entscheidung, die nicht nur ihn, sondern auch die ihn unterstützende Pflegefrau Maria in höchste Gefahr bringt...
"Der Pesthof" ist der mittlerweile dritte Historische Kriminalroman des Hamburger Autors Albrecht Sommerfeldt und - wie aus den Vorgängern gewohnt - punktet auch dieses Buch mit seiner unnachahmlichen Mischung aus Schmutz, Gestank, Düsterkeit, liebenswert-kauzigen Figuren, einer gesunden Prise Humor und einer spannenden Kriminalhandlung, die bis zum Finale alles andere als vorhersehbar ist.
Während "Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen" im Jahre 1617 und der Nachfolger "Teufelstaler" 1618 spielte, sind wir mittlerweile also im Jahre 1619 angekommen. Und so schreiten nicht nur die Geschehnisse um den Dreißigjährigen Krieg voran, sondern auch das kühne Vorhaben Albrecht Sommerfeldts, über jedes Jahr dieses Krieges einen weiteren Roman verfassen zu wollen.
Mit dem Protagonisten Merten Overdiek beweist der Autor einmal mehr, dass seine Empathie den Menschen gehört, die sich am unteren Rande der Gesellschaft bewegen. Trotz seiner liebenswerten und zugänglichen Art meiden die Leute vor allem jeglichen Körperkontakt mit ihm, und auch sonst gehen die meisten eher auf Distanz, wenn sie ihn erblicken. Bewegt er sich einmal außerhalb des Pesthofs, muss er eine sogenannte Warnklapper mit sich führen, die ihn schon von Weitem im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Aussätzigen macht. Die besten Voraussetzungen also, um im Sommerfeldt-Universum die Rolle des Helden einzunehmen. Merten zeigt im "Pesthof" eine ungemeine Präsenz und trägt die Handlung ebenso leicht auf seinen Schultern wie ihm die Sympathien der Leser:innen gewiss sein sollten.
Der eigentliche Star des Romans ist aber der Pesthof selbst. Während sich die Handlungsorte in den vorherigen Romanen vielfältiger zeigten, vollzieht sich in diesem Buch das Geschehen nahezu ausschließlich auf dem Gelände der mildtätigen Stiftung, irgendwo "im Niemandsland zwischen Hamburg und Altona", wie es im Klappentext heißt. Ein riskantes Vorhaben, das in anderen Büchern zu einer gewissen Monotonie führen könnte. Doch so atmosphärisch wie Sommerfeldt diesen Pesthof beschreibt und welch aberwitziges Ensemble sich dort ein Stelldichein gibt, macht deutlich, dass der Autor die absolut richtige Entscheidung getroffen hat. Zwischen kühlen Kellergewölben, Geheimgängen und stinkenden Gräben ist es vor allem das Tollhaus, das die Aufmerksamkeit der Leser:innen auf sich ziehen sollte.
Die Bewohner:innen des Tollhauses sind ein weiterer Beweis dafür, wie bunt und lebendig Albrecht Sommerfeldt seine Charaktere bis in die kleinsten Nebenfiguren hinein entwickelt. Neben dem prophetischen Maler Michelangelo und dem Wiedersehen mit einer beliebten Figur aus "Teufelstaler" war es vor allem Caesar, der mich begeisterte und zu meiner absoluten Lieblingsfigur wurde. Caesar antwortet ausschließlich mit lateinischen philosophischen Sprichworten, macht aber mit jeder Antwort deutlich, dass der vermeintliche "Irre" alles um sich herum bis ins kleinste Detail mitbekommt - ein tragikomischer Charakter, der mich mehrfach zum Lachen brachte und mich doch auch emotional berührte.
Aufgrund all dieser Vorzüge ist es Albrecht Sommerfeldt auch zu verzeihen, dass es im "Pesthof" vielleicht den ein oder anderen Ermordeten zu viel gibt und ich beim Leichenzählen manchmal gar nicht mehr hinterherkam.
Insgesamt ist "Der Pesthof" ein ungemein unterhaltsamer und spannender Historischer Kriminalroman, der fernab jeglicher Romantik vor allem auch Leser:innen ansprechen sollte, die sich bei Historischen Romanen gerade daran ein wenig stören. Schmutzig und düster, aber auch warmherzig und witzig, dazu wunderbar recherchiert und lehrreich, denn selbst für mich als Hamburger war der Pesthof, der wirklich existiert hat, absolutes Neuland. Ich muss im Regal jedenfalls schon mal Platz für die weiteren Bücher von Albrecht Sommerfeldt schaffen.
Grangé auf Abwegen!?
Ich hatte mich schon so auf das Buch gefreut. Endlich ein neuer Grangé! Mein Lieblingsautor im Thriller - Genre. Diesmal versucht er etwas Neues. Die Handlung findet im Berlin der 1939er Jahre statt. Es werden verstümmelte Frauenleichen gefunden und jedesmal vor ihrem Tod hatten sie den selben Traum vom Marmormann. Kann das ein Zufall sein? Ein ungewöhnliches Ermittler-Trio nimmt sich dem Fall an. Franz Beewen, der vorzeige Gestapomann, Minna von Hassel, Psychologin und adlige auf Abwegen und Simon, der Lebemann und Traumdeuter.
Am Anfang war ich schon etwas entäuscht. Die Figuren fand ich zu überzeichnet und die Sprache zu modern für einen Thriller, der in den 1930ern spielt.
Dafür beschreibt der Autor aber sehr detailreich das Berlin der Nazizeit. Um so weiter man liest, um so spannender wird die Geschichte. Auch die Figuren machen teilweise eine Entwicklung durch und wachsen einem ans Herz.
Ab der Mitte des Buches, wird die Geschichte immer weiter voran getrieben und wenn man denkt, der Zenit ist erreicht, setzt Grangé noch einen drauf. Eventuell auch einen zu viel...
Ich fand das Buch jetzt nicht schlecht, aber mir wäre es lieber, wenn der Autor in Zukunft wieder die Gegenwart in den Mittelpunkt stellt.
P.S. Auch mein Heimatort wurde in dem Buch genannt. Das fand ich dann schon toll, doch leider war die Beschreibung daneben. Es gibt und gab dort keine Reedachhäuser und schon gar keine Hügel, die diese hätten überragen könnten.
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