Ich bin keine Heldin

Wie sehr lebt das Kind, das wir einmal waren, in uns weiter? Welche Elternrolle übernehmen wir uns selbst gegenüber? Wie prägen uns Glaubenssätze der Eltern in unserem Erwachsenleben?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich Whitney Hugh Missildine in seinem Buch In dir lebt das Kind, das du warst. Der Autor und Psychotherapeut erklärt umfangreich aber gut verständlich, welche Verhaltensmuster wir aus der Kindheit weiterführen und wie wir als Erwachsen mit diesen seelischen Belastungen umgehen beziehungsweise diese abbauen. Veranschaulicht werden seine Ausführungen durch zahlreiche Fallbeispiele. Er gliedert das Buch in drei Abschnitte: das innere Kind erkennen und akzeptieren, der Einfluss der elterlichen Einstellungen auf unser Erwachsenenleben und Änderungsstrategien für sich selbst und das eigene Leben. Ich konnte für mich einiges an Verhaltensmustern wieder erkennen.
Mein Kritikpunkt: Das vorliegende Buch ist schon in den 1960er Jahren erschienen und jetzt in neuer Übersetzung vom Klett Cotta Verlag wieder aufgelegt worden. Und das merkt man! Es werden doch sehr patriarchalische Rollenbilder übermittelt. Im Kapitel über Perfektionismus wird zum Beispiel der erfolgreiche Geschäftsmann der ordentlichen Hausfrau gegenübergestellt. Auch wenn diese Denkweise in den Köpfen vieler immer noch vorhanden ist, muss man ja nicht unbedingt mit so alten Geschichten aufwarten.
Sind wir zu doof unseren Planeten zu retten? Der Klimawandel ist schon lange kein Schlagwort mehr, sondern reale Bedrohung. Hitzewellen und Tropennächte über Wochen in mitteleuropäischen Sommern, verheerende Waldbrände, gleichzeitig immer wieder Überschwemmungen, Orkan artige Winde. Können wir wirklich davor die Augen verschließen und den Klimawandel verleugnen.
„… Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum oben auf, und es ist ihm wohl und behaglich, im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“ Alternative Fakten kannte wohl schon J. W: Goethe, man sollte meinen wir sind schlauer geworden.
Mitnichten. Als der Klimagipfel im Dezember 2015 euphorisch begrüßt wurde und ein internationales Zusammengehörigkeitsgefühl heraufgeschworen wurde, hätte man sich schon ein wenig in trockenen Tüchern wähnen dürfen, Doch mit der Wahl Trumps zum amerikanischen Präsidenten -America first, give a shit about the rest – tritt die Supermacht USA von den Ergebnissen zurück. Doch auch die meisten andern Staaten schaffen keine Maßnahmen, die Erderwärmung zu verlangsamen. Zu stoppen ist ja nahezu unmöglich geworden.
Stefan Bonner und Anne Weiss bieten ihrem Buch Generation Weltuntergang nicht nur sehr vier Information über die historischen, meteorologischen und politischen Hintergründe. Sie schreiben auch in ganz klarer und eindeutiger Sprache, was wir im Kleinen tun können. So einfach, dass es auch der Dümmste unter uns verstehen sollte: Noch können wir Strandspaziergänge und klare Waldluft genießen. Wie lange noch bis die Meeresspiegel steigen und die Wälder gerodet sind? Die Öko- und Umweltbewegung hat sich von Anfang an unbeliebt gemacht, dass ie den Verzicht predigt. Aber ohne Einschränkung des Individualverkehrs, des Fleischkonsums, des Einwegkonsums werden wir über kurz oder lang den Karren an die Wand fahren.
Wir sind wohl die letzte Generation, die die Möglichkeit hat etwas zu ändern. Worauf warten wir noch?
Binsenweisheiten statt Schwarzer Schwäne
Jahrhundertlang galt es als erwiesen, dass Schwäne ausschließlich weiß sind. Diese Ansicht wurde durch die tägliche Beobachtung immer wieder untermauert. Und zwar genau so lange, bis Australien entdeckt wurde und mit ihm der schwarze Schwan. Plötzlich war etwas, was alle bis dahin für unmöglich gehalten hatten, Wirklichkeit geworden.
Für unmöglich gehaltene bzw. äußerst unwahrscheinliche Ereignisse, die plötzlich Realität werden und unter Umständen gewaltige Folgen nach sich ziehen, hat Autor Nassim Nicholas Taleb deshalb den Begriff Schwarzer Schwan übernommen. Und so ist auch das Buch betitelt: Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse.
Das Mega-Erdbeben mit Reaktorunfall in Fukushima und anschließendem Tsunami ist ein Schwarzer Schwan, der erstaunliche Aufstieg und Erfolg von Google, die Anschläge von 9/11. Und eines muss man Nassim Nicholas Taleb, einem New Yorker Börsenmakler, wirklich lassen: verkaufen kann er, macht einem das Thema wirklich schmackhaft. Da will man doch mehr wissen, was es mit Schwarzen Schwänen auf sich hat. Kann man etwas tun? Sie doch irgendwie vorhersehen, sich wappnen? Irgendwelche Lehren ableiten vielleicht?
Wer darauf spekuliert wird aber bitter enttäuscht. Denn mehr als die Beweisführung, dass das Leben und die Welt voller Unwägbarkeiten steckt und alles sowieso anders kommt, als man denkt, wird man aus diesem Buch nicht herauslesen können. Ein paar Binsenweisheiten, ein wenig Philosophie, ein paar Dutzend Seiten Autobiografisches, und ja, immer wieder der Schwarze Schwan, der durch die Seiten geistert und von dem sich der Leser irgendwann fragt: was ist denn jetzt damit? Nichts ist damit. Aber vielleicht ist die Quintessenz dieses Werkes ja die, dass Bücher mit wenig Substanz, die zu internationalen Bestsellern werden, selbst Schwarze Schwäne sein können. Vielleicht wollte uns Taleb ja das aufzeigen.
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