Wie kritisch darf eine Buchkritik sein?

Klara Bellis

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@Helmut Pöll : Das mit den Bloggern hatte ich nur herausgefunden, weil ich mich selbst einmal gewundert hatte, wie es sein konnte, dass eine Autorin freudig „Das Buch ist seit heute online!“ postete und ich bei einem Klick auf den Amazon-Link gleich ein gutes halbes Dutzend Fünf-Sterne-Rezensionen entdeckt hatte, die alle quasi in der ersten Minute des Erscheinens ebenso erschienen waren. Später hat sich dann herausgestellt, dass die Leute wussten, wovon sie schrieben, da sie das Buch schon vorher hatten. (Clever eigentlich. Leider fällt mir nie so was ein. :mad:)
Ich bin eher jemand, der nur sehr kurze positive Rezensionen schreibt. Insofern könnten auch meine Absonderungen unter irgendwelchen Büchern bei kritischen Lesern den Verdacht erregen, das wäre nur gefaket. :cool: Trotzdem gibt es garantiert auch Leute, die so etwas machen. Klar!
So richtig vom Leder kann ich eigentlich nur bei Büchern ziehen, die mir nicht gefallen haben.
In einem Existenzgründerlehrgang habe ich mal gelernt, dass sich Kunden zu positiven Erfahrungen mit Dienstleistungen oder Produkten eher selten äußern, weil sie ja davon ausgehen, dass das, was da angeboten wird, einwandfrei ist. Wenn es auch wirklich gut ist, wird nur ihre ganz normale Erwartung bestätigt. Also kein Ding, da groß Trara darum zu machen und das Ganze vielleicht noch euphorisch weiterzuempfehlen. Es wird nur abgehakt und weiter geht's im Takt.
Wenn die Erwartung aber enttäuscht wird, sieht das anders aus. Da kommt dann das Trara und die Aufregung und das Bedürfnis, andere davor zu warnen. :eek:
 

Helmut Pöll

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Ich bin eher jemand, der nur sehr kurze positive Rezensionen schreibt. Insofern könnten auch meine Absonderungen unter irgendwelchen Büchern bei kritischen Lesern den Verdacht erregen, das wäre nur gefaket. :cool: Trotzdem gibt es garantiert auch Leute, die so etwas machen. Klar!...
In einem Existenzgründerlehrgang habe ich mal gelernt, dass sich Kunden zu positiven Erfahrungen mit Dienstleistungen oder Produkten eher selten äußern, ..
Wenn die Erwartung aber enttäuscht wird, sieht das anders aus.
Naja, klar gibt es Grenzfälle, aber Freundschaftsrezensionen sind in der Regel keine 100 Zeilen lang.
Puh, ja dieses Totschlagargument aus der Marketing-Hexenküche kenne ich auch, @Klara Bellis ;). Unser Produkt ist gar nicht schlecht, das sieht nur so aus, weil die Heerscharen unserer Fans nichts posten, posten tun nur die ganz Wenigen, denen es nicht gefallen hat. Ich kenne das auch aus der Politik: wir haben die Wahl knapp verloren (obwohl wir eigentlich die Mehrheit haben). Unsere Wähler waren bei dem schönen Wetter im Schwimmbad, während die Wähler der Opposition alle nicht im Schwimmbad waren und gewählt haben.
 

InFo

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Ich finde deine Einstellung klasse. Das ist genau der richtige Ansatz. Am Ende steht deine Meinung im Fokus, egal was da rechts und links von uns alles sonst noch passiert.
Fakebewertungen sind für mich das Letzte. Wenn ich mit Kritik nicht umgehen kann, dann sollte ich nicht schreiben. Ein tolles Beispiel war ein Bestseller Autor in den USA, der es trotz Erfolg für nötig hielt unter Pseudonym die Werke seine Kollegen schlecht zu machen. Selten dämlich. Denn genau wie hier, kommt am Ende doch alles ans Licht. Und dann überzeugt auch kein gutes Buch mehr ;)
 
20. Mai 2014
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Es wurde hier schon verschiedentlich angesprochen: Blöderweise ist es erheblich leichter, ein Buch zu kritisieren als es zu loben, weil man die Problemstellen leicht(er) identifizieren kann. Wie will ich aber ein in meinen Augen gelungenes Buch angemessen beschreiben? "Der Autor hält sich an die Rechtschreibregeln und geht gekonnt mit der Grammatik um. Er hat einen großen Wortschatz und nervt mich nicht mit Stilblüten. Die Handlung hat viele unerwartete Wendungen und ist spannend bis zum Schluss." Ja, sollte das nicht eigentlich selbstverständlich sein? Letztlich überzeugt mich ein Buch immer durch seine Ideen, Handwerk setze ich voraus. Wenn ich bei einer Rezension wirklich darauf noch eingehen muss, dann ist das für das Buch selten ein gutes Zeichen.
 

Mystery Art

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Natürlich würde man als Autor am liebsten hören, wie toll doch alles war. Aber leider kann man nicht erwarten, dass seine Geschichte jedem gefällt.
Wir alle haben einen unterschiedlichen Geschmack, und das ist auch gut so. Und Kritik soll ja helfen Dinge zu verbessern. Wichtig für uns ist es, dass die Kritik konstruktiv ist. Einfach nur 'Nichtgefallen' ist keine Rezension. Es sollte schon begründet sein, und dann erst bekommt eine Rezension einen wirklichen Wert. Einen Wert, der dem Leser UND dem Autor hilft.
Wir hatten auch 'Herzbluten' als wir unsere erste negative Rezension bekamen. Aber ich glaube das schlimmste an dieser Rezension war, dass wir sie nicht verstanden haben. Es gab keine wirkliche Begründung, sondern nur das obligatorische 'Hat mir nicht gefallen'. Aber liegt Schönheit und Gefallen nicht im Auge des Betrachters???
 

claudi-1963

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Also ich versuche schon immer auch in meinen Rezensionen das zu schreiben wie ich das Buch empfunden habe.:) Es nützt ja nichts dem Leser wenn wir ihm was vorgaukeln und ein Buch schön reden nur dem Autor zuliebe.;) Ich denke Kritik kann ja auch für einen Autor sehr hilfreich sein weil er dann am nächsten Buch was verändern kann. :rolleyes:
LG Claudia :reader2
 
20. Mai 2014
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Nun kann ich also auch von der anderen Seite des Tisches berichten: Heute Abend habe ich die erste 1-Sterne-Rezension meines Lebens bekommen. Und ich gestehe, wenn ich nicht schon die wundervolle Rezension von @Renie hätte, hätte mich das mehr als nur ein bisschen getroffen. Trotzdem ist es natürlich etwas, womit ich leben muss.
 

Renie

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Nun kann ich also auch von der anderen Seite des Tisches berichten: Heute Abend habe ich die erste 1-Sterne-Rezension meines Lebens bekommen. Und ich gestehe, wenn ich nicht schon die wundervolle Rezension von @Renie hätte, hätte mich das mehr als nur ein bisschen getroffen. Trotzdem ist es natürlich etwas, womit ich leben muss.
@Sabine Schäfers War der 1 Stern wenigstens vernünftig begründet? Oder hatte der Rezensent nur Spaß am Abwatschen?
 

Renie

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@Renie Die Leserin empfand die Handlung als großes Durcheinander und hat bei 60% abgebrochen. Figuren, Handlung und Motive blieben ihr fremd und unverständlich.
Tja, das ist immer so eine Sache mit dem Abbruch. Es ist ok zu begründen, warum man abgebrochen hat. Aber das Ganze dann als Buchrezension mit einer Sternebewertung zu veröffentlichen, ist nicht in Ordnung.
Gerade das Verwirrspiel in der ersten Hälfte deines Buches hat die Spannung erzeugt. Zum Ende kam dann nach und nach die Auflösung. Du siehst, dass die Leserin bis zum Ende hätte lesen müssen. Selbst schuld! Lass dich nicht entmutigen, liebe @Sabine Schäfers . Ich stehe zu meiner Rezension :)
 
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Klara Bellis

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@Sabine Schäfers : Ich kenne dein Buch nicht. Ich kann jetzt nur von dem ausgehen, was ich bei Kritiken an meinen Texten beobachte. So hatte z.B. mein wichtigster Testleser, ein Redakteur aus dem Kulturbereich, der häufig Texte bearbeitet, gemeint, dass er begeistert wäre, dass in meinem Buch alles so logisch ineinandergreift. Eine Leserin dagegen schrieb, dass sie manchmal den Faden verloren hätte. Es gab dann auch einen Punkt abzug.
Eines meiner anderen Bücher kassierte eine 1-Sterne-Berwertung. Zitat: „Enttäuschend... ...sowohl als Kinderbuch, als auch für Erwachsene. Sollte wohl witzig sein, hat aus meiner Sicht aber so gar nicht funktioniert.“ Es ist ein Buch mit cartoonähnlichen Streckbriefen seltsamer Tiere. Diese Tiere hatten in den letzten Jahren zwei Artikel in unserer Regionalzeitung, ohne, dass ich dafür etwas hätte tun müssen und wurden in mehreren Ausstellungen gezeigt. Inzwischen hängen sie als Dauerausstellung im Zoo Halle und ich bekomme ab und zu "Bettelmails" von Besuchern der Ausstellung, die sich eine Printausgabe wünschen.
Man steckt einfach nicht drin im Leser. Aber wenn man sein Bestes gegeben hat. den Text hat lektorieren lassen oder sehr kritischen Testlesern gegeben hat, dann kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Und ein paar Meckerer wird es immer geben.
 
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Helmut Pöll

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@Renie Die Leserin empfand die Handlung als großes Durcheinander und hat bei 60% abgebrochen. Figuren, Handlung und Motive blieben ihr fremd und unverständlich.
Ja, das passiert, @Sabine Schäfers . Das ist vermutlich alles eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Mir ist das auch schon passiert, auch wenn das vielleicht nur ein schwacher Trost ist. Meine Elefanten, die Du auch kennst, haben auch eine 1*-Rezension, weil die Leserin das eine Kind, das ADHS hat, total aufgeregt hat ;).
 
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Danke, @Renie, ich hätte auch nicht angenommen, dass du deine Rezension relativierst, nachdem du dir gründlich deine Gedanken dazu gemacht hattest. im Grunde kann ich aus dieser 1-Sterne-Kritik keine andere Erkenntnis ziehen, als die, dass ich dann wohl bei manchen Lesern gegen eine Wand renne. Dieses Verwirrspiel (schönes Wort :) ) ist ja Thema der Geschichte.

Oha, @Klara Bellis, wie gut, dass du Bestätigung dann doch auf so wunderbare Weise bekommst! Das gibt Sicherheit, weiterzumachen. Schön :) Und du hast recht, ich fühlte mich eigentlich gut gerüstet, was Lektorat und Testleser angeht. Ich hatte natürlich mit Kritik gerechnet, die gibt es immer. Wohl aber nicht mit solcher, denn daran könnte ich nichts ändern, wenn ich wollte. Ohne Verwirrung kein Spionage-Roman. Trotzdem hat natürlich jeder ein Recht auf seine eigene Sicht der Dinge. Ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, die Leserin hätte nach der Leseprobe abgebrochen und sich das nächste Buch vorgenommen, statt sich bis 60% durchzuquälen und davon so wütend zu werden :(

@Helmut Pöll, die Rezension, von der du sprichst, habe ich gelesen. Damals hatte ich mich noch gefragt, warum jemand einen Roman (kein Sachbuch) über ein Kind mit ADHS liest, wenn er das Thema zu anstrengend findet. Ich lese auch keinen Liebesroman, wenn mir die ewige Knutscherei auf die Nerven geht.

Auffällig ist natürlich eine so wütende Rezension schon, wenn es insgesamt nur wenige sind. Eine von zweien wiegt schwerer als eine von 31. Dazu kommt, dass ich nicht weiß, wie es bei den anderen Lesern ankommt, die nicht rezensieren. Eine gewisse Unsicherheit bleibt also.
 
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@Sabine Schäfers : Die von @Helmut Pöll erwähnte Rezension hatte ich auch gelesen. Da ich das Buch kenne, dachte ich nur „Hä?“. Aber jeder Leser empfindet ein Buch anders. Schade bei dir ist, dass diese schlechte Bewertung so früh kam. Ich glaube, es haut weniger rein, wenn es vielleicht erst nach zehn, zwölf guten Bewertungen kommt. Auch füs eigene Ego. Weil man ja dann schon die Bestätigung hat, dass es trotzdem viele Leute zu geben scheint, die es mögen.
Als die 4-Sterne-Rezension bei mir reinkam, bei der die Leserin sich vom Buch teilweise verwirrt zeigte, war mein kritischer Testleser völlig von den Socken. Er wollte, dass ich sofort eine Gegendarstellung darunter schreibe und dass das ja wohl nicht sein kann etc. Dann hatten wir uns an ein Gespräch mit einer Freundin erinnern, die Bücher „total schlimm“ findet, die mehr als einen Handlungsstrang haben und bei denen es mehr als einen Protagonisten gibt. Und dann konnte ich ihn davon überzeugen, dass es Schwachsinn ist, Lesern die eigenen Bücher im Nachhinein erklären zu wollen.
 
20. Mai 2014
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Das sehe ich genau so, @Klara Bellis. Und vielleicht ist dieser Kritikpunkt ja wirklich etwas, das ich in Zukunft im Hinterkopf behalten muss. Wenn ich auch, wie gesagt, wenig daran ändern kann oder möchte. Nicht alle meine Romane haben mehrere Handlungsstränge oder Hauptfiguren, aber manche verlangen das einfach aus meiner Sicht.
 
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Klara Bellis

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@Sabine Schäfers : Das mit dem „nur ein Protagonist und nur ein Handlungsstrang“ ist glaube ich kein Kritikpunkt, sondern Geschmackssache. Vermutlich liest die besagte Freundin eher Heftromane gern. Etwas, das ich niemals lesen würde. Trotzdem lieben das sehr viele Leute.
Wenn es die Geschichte verlangt, dann muss man sie aus mehreren Sichten erzählen bzw. Nebenstränge in die Handlung einweben. Das sehe ich auch so.
 

InFo

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Mir geht es ähnlich wie dir @Sabine Schäfers. Eine 1* Bewertung bei 14 Bewertung von 4-5*. Was soll ich sagen, ich hab mich kaputt gelacht, weil diese sogar die Beste ist, die bekommen konnte. Zitat:

[zitat]Dieser 'Fantasy-Roman' unterbietet mühelos das Niveau der 'Scheibenwelt-Romane', und das will was heissen.[/zitat]

In allem steckt etwas Gutes, man muss es nur erkennen. Ich habe mir beide Rezensionen der Kritik durchgelesen und würde mich als undarfter Leser auf die 5* Rezension fokussieren. Beide schreiben eigentlich über das Gleiche, mit dem Unterschied das Renie es offensichtlich verstanden hat, die andere nicht. Das dies nun die 2. Bewertung ist, ist tatsächlich schade.
 
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Klara Bellis

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@Sabine Schäfers & @InFo : Hurra! Ich kann mitspielen! Hab gerade entdeckt, dass ich vor etwa drei Wochen eine Rezension für mein allererstes E-Book („Mit Eulen kuschelt man nicht“) bekommen habe.

„habe selten ein so schlechtes Buch gelesen. Das ist ein ganz großer Käse und es war mi,r als ausgesprochene Leseratte, nicht möglich dieses Buch zu Ende zu lesen. Ganz furchtbar!!“

Das Buch entstand damals, weil mich immer wieder wildfremde Leute unabhängig voneinander bekniet hatten, für die Texte (kolumnenähnliche Alltagssatiren), die ich damals in einer Kulturcommunity veröffentlicht hatte, einen Verlag zu suchen. Das hab ich aber nicht gemacht, sondern hab sie in ein E-Book gesteckt und selbst veröffentlicht.
Und wisst ihr was: Es tut nicht mal weh, so eine Kritik zu lesen. Ich musste sogar laut lachen. :D In den vergangenen Jahren habe ich so viel positives Feedback zu dem Buch erhalten, dass es einfach nicht möglich ist, mir das von jemandem kaputtmachen zu lassen.