Was darf eine Rezension und was darf sie nicht?

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Die esoterischen Momente stören mich nicht. Fräulein Smilla - also die Erzählerin des gleichnamigen Romans - empfand ich einfach als selbstherrlich und borniert. Der Gipfel war, nach einer Häufung von giftigen verbalen Hieben gegen ihre Stiefmutter Benja, der Kapitelanfang "Ich möchte Benja gern verstehen."
Es ist lange her, dass ich das Buch gelesen habe; und nebenher ist diese Benja auch nicht gerade eine Sympathiefigur. Auch Smilla hat ja ihre Gründe, so zu sein, wie sie ist. Aber es ist mir nicht gelungen, sie zu mögen.
Einige Zeit später versuchte ich es mit einem anderen Buch von Høeg, "Das stille Mädchen". Der gleiche Effekt: ein überheblicher, bornierter Erzähler, der es schaffte, dass man sich auf jeder Seite wie ein dummer Hammel vorkam. Ich fing das Buch in einem Irland-Urlaub an, gab es nach dreißig Seiten auf und gab es meiner damals ca. 20jährigen Tochter, die es - aus dem gleichen Grund wie ich - auch nicht lesen mochte.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Also so einfach ist das mit den Kategorien nicht. Belletristik passt immer und sagt wenig aus. Lädchenbücher lesen wir so gut wie gar nicht.


Buchinformationen und Rezensionen zu Stürzen Liegen Stehen: Roman von Jon McGregor
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Gerade ausgelesen. Gibt satte 5 Sterne. Aber was ist es? Das Cover suggeriert Abenteuerbuch. Aber es ist viel mehr als das. 2/3 des Romans haben ein viel weitreichenderes Thema, das ich hier aber nicht nennen will. Ihr müsst es selber lesen;)

Ist es Wandas Königsklasse Literatur? Dafür ist es fast zu spannend. Es ist literarisch großartig gemacht, aber gemeinhin versteht man unter "Literatur" etwas anderes.

Für dich mag es passen, Wanda. Ich stünde mir da iwie selbst im Weg.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich stünde mir da iwie selbst im Weg.
Warum nur? Nicht so viel nachdenken.
Falls es interessiert, mein Wertungssystem sieht so aus (mit Abweichungen und es ist veränderbar und nicht für alle Zeiten festgeschrieben):
1. Anspruchsvolle Literatur = Belletristik

Das ist die Königsklasse, alles was bei der Numerierung 1-4 drunter ist, ist also - genau genommen - bereits abgewertet. Wenn man so will. Ab 5 fangen einfach neue Kategorien an.

2. Sehr gute Unterhaltung
3. Gute Unterhaltung
4. L(s)eichte Unterhaltung

Die Unterhaltung ist breitbandig, deshalb hab ich da Subordnungen geschaffen. ist die leichte Unterhaltung keine seichte (das gibts und dann ist es fast schon Kunst, entfällt das "s"). Das Lädchenbuch subsumiere ich unter Nr. 4, aber aus Spaßgründen wird es auch mal kategorisiert als Lädchenbuch. Einfach, damit der Begriff mehr unter die Leute kommt.

5. Krimis und Thriller
6. Historischer Roman
7. Dystopie
8. Sachbuch

Mehr fällt mir momentan nicht ein.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Von dem Autor Peter Hoeg habe ich lediglich den Roman "Mit deinen Augen" gelesen, nein, gehört. Ich fand das Thema Suizid und Annäherung an das Verstehen interessant, aber was ich bekommen habe, waren viele Träume und esoterische Versuche an Kindern (??). Ich kann mich nicht mehr ganz genau erinnern. Sie hatten im Traum irgendwie magische Verbindungen zueinander.

Es war auch mein letzter Roman von Peter Hoeg, den ich zwar mit 5 Sternen beschenkte - ich fand, er hat es gut gemacht - aber diese esoterische Welt langweilt mich insoweit, als sie nie eine Auflösung hat. Der Autor kann immer machen, was immer einfällt - und es als Surrealismus verkaufen. Das ist so ähnlich wie der Schluß von "Die dritte Quelle". Das goutiere ich meistens nicht. Meistens lasse ich einfach die Finger davon.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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1. Anspruchsvolle Literatur = Belletristik
Das müsstest du korrigieren. Belletristik heißt übersetzt "unterhaltende schöngeistige Literatur". Im Grunde kann man da fast alles drunter fassen. Das hat mich in letzter Zeit bei deinen Kategorien auch (leicht) irritiert. Früher hast du es m.E. einfach "Literatur" genannt.
Das ist viel eindeutiger. Also für mich:cool:.
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Also, diese surrealen Romane bedürfen in der Rezension durchaus einer Interpretation. Ich habe gesehen, dass der Roman auch hier besprochen wurde. Habe aber meine Rezi zum Hörbuch nun auch eingestellt.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich mag surreale Romane sogar sehr, ich bin ja ausdrückliche Phantastik-Liebhaberin. Aber dass der Autor in diesem Genre machen kann was er will, würde ich so nicht sagen. Nicht, wenn es ein gutes Buch sein soll.
Mich haben ja auch in "Die dritte Quelle" die surrealen Einschübe gar nicht gestört; mich stört es nicht mal unbedingt, wenn der Leser selbst interpretieren muss, was real und was surreal ist. Was mich stört, bzw. an diesem Buch gestört hat, war die Art des Erzählens, die im Lauf des Romans immer - wie soll ich sagen - beschränkter wurde. Das habe ich ja in der Rezi dargelegt. (Komisch, wie sich das zusammenfügt: Die Hauptfigur "bricht aus dem bisherigen engen Leben aus", aber je länger sie sich in der "erweiterten" Umgebung bewegt, wo theoretisch alles möglich wäre, desto begrenzter wird das Spektrum von Wille und Gedanken. Vielleicht ist das der Kern des Buches? Rein äußerlich raus aus der engen Beamtenexistenz und rein in den Regenwald, mental dagegen in einer Zelle und Manie und Furor, die von Tag zu Tag enger wird?)
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Ich habe tatsächlich noch nie einen Stern vergeben. Dafür müsste das Buch bei mir auch noch auseinanderfallen.
Zwei Sterne gebe ich, wenn mir das Buch nicht nur nicht gefallen, sondern mich auch noch tierisch geärgert hat, beispielsweise der letzte Pascal Mercier. Generell versuche ich jedoch herauszuarbeiten, wem das Buch trotzdem gefallen könnte - soweit mir jemand einfällt.
Mit der Streuung mache ich es wie @RuLeka, schlechte Bewertungen werden nur gestreut, wenn die Plattform es verlangt. Ansonsten bleibt es auf meinem Blog oder hier.
Allerdings verwende ich das Wort "ich" sehr gern, weil es zum Ausdruck bringt, dass es nur meine Einzelmeinung ist, nicht mehr.
Insgesamt denke ich, dass die LuL meines Blogs meine Sternevergabe einschätzen können und sie ein erster Fingerzeig ist. Deshalb konnte ich mich noch nicht dazu durchringen, sie einfach wegzulassen. Ich denke allerdings regelmäßig darüber nach. Im Moment muss ich mich bei "Serge" zu einer Sternenzahl durchringen.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Aber im Zeitalter wo jeder für sich definiert, was das Wort bedeutet (oder auch nicht), ist Belletristik für mich ernsthafte Literatur.
Dann geh mal in den Buchladen und schau, was dort alles unter Belletristik verkauft wird.

Mit Deiner Einordnung @Wandablue komme ich nicht ganz hin. Ich lese SF und Satire und, und, und.... Auch da gibts eine Menge Verquickungen, gute und schlechte Bücher, Gesellschaftskritik verpackt in albernem Slpastick, usw.

@all
In meine Sternebewertungen fließt immer auch mein Geschmack. Selbst Hochliteratur muss mich packen, sonst gibts einen Sternenabzug für Langeweile.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
@Literaturhexle : hm. ich weiß. Aber im Zeitalter wo jeder für sich definiert, was das Wort bedeutet (oder auch nicht), ist Belletristik für mich ernsthafte Literatur.
In der offiziellen Warengruppensystematik des Buchhandels gehört zur Belletristik genauso Krimi, Fantasy, leichte Unterhaltung, historischer Roman, Mangas, Comics, historische Romane, Geschenkbücher usw.

file:///C:/Users/mbkam/AppData/Local/Temp/Warengruppensytematik_neu_WGSneu_Version_2.0.pdf
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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@Literaturhexle : hm. ich weiß. Aber im Zeitalter wo jeder für sich definiert, was das Wort bedeutet (oder auch nicht), ist Belletristik für mich ernsthafte Literatur.
Hier widersprichst du dir aber teilweise selbst. Deiner Ansicht nach gibt man mit einer Rezension eine wichtige Wertung ab, der man z.B. mit einem Stern nie gerecht werden kann (du erinnerst dich).

Deine eigene Wertung koppelst du an eine Unterkategorie. Die wiederum macht nur Sinn, wenn sie allgemein verständlich ist. Wenn du individuelle, wenig allgemeingültige Kategorien verwendest, wird der Gehalt der Rezension (ihr Wert) sich nur deinen unmittelbaren Followern erschließen. Was dann nicht zu deiner Aussage passt, dass eine Rezension bedeutsam für Autor, Werk, Verlag usw ist.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
848
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Im Moment muss ich mich bei "Serge" zu einer Sternenzahl durchringen.
Das ist auch gerade mein Problem...
Hatte ich doch unlängst eine Kontroverse darüber, was ein Rezensent darf und was nicht. Und stellte dann alsbald fest, dass ich bei dem Roman
aus diversen Gründen ebenfalls so erbost war wie die Autorin der von mir kritisierten Rezension, so dass ich seinerzeit auf den "Charlie" am liebsten mit einer EinePunktRezension geantwortet hätte
Ich erinnere mich gut an die Leserunde! Ich war auch "unterwältigt" und wenn ich an die Senf-Würstchen-Episode aus Charlie denke, weiß ich sofort wieder, warum mich der Roman genervt hat.

Ich frage mich zu den "Ein-Sterne-Bewertungen" nur, ob es die Skala nicht "verfälscht", wenn wir diesen streichen? Eigentlich sollte man die Möglichkeiten doch ausnutzen und wenn ich viele Stunden mit einem Buch verbracht habe und mich nur geärgert habe und es überhaupt nicht mochte, dann darf man das doch auch so bewerten. Solange die Rezension aussagekräftig, nachvollziehbar und begründet ist, sollte es möglich sein, auch einen Stern zu geben.

Bücher bleiben Geschmacksache, es gibt unzählige Romane, die mir nicht gefallen haben und die fünf Sterne bekommen und umgekehrt. Schreiben ist letztlich auch eine öffentliche Angelegenheit, bei der man mit Kritik rechnen muss, denke ich.

Ich halte mich eigentlich gern an die Goodreads-Sterne:

5 = es war großartig
4 = ich mochte es sehr
3 = ich mochte es
2 = es war okay
1 = ich mochte es nicht...
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Solange die Rezension aussagekräftig, nachvollziehbar und begründet ist, sollte es möglich sein, auch einen Stern zu geben.
Genau meine Meinung! Aber die meisten "Verrisse" lassen genau diese Objektivität (die ja subjektiv ist;)) vermissen.
Da geht es dann nur um Befindlichkeiten: ich, ich, ich....
Das Warum wird stiefmütterlich behandelt. Das ist dann nicht fair.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Was eine "ungünstige" Rezension angeht, ist sie meines Erachtens auch für Verlage durchaus hilfreich und relevant.
Tatsächlich bekommen auch wir als Forum positives Feedback auf kritische LR. Mit der Diskussion, Fazit und Rezension können die Verlage etwas anfangen. Das funktioniert aber eben nur, wenn sich intensiv mit der Lektüre auseinander gesetzt wird. Ein bloßes: ich bin einfach nicht in das Buch hineingekommen, der Protagonist war mir unsympathisch, ich mochte den Schreibstil nicht etc. reicht da nicht aus.
Viele Einsterner lesen das Buch nicht einmal zu Ende und schreiben das auch noch :rolleyes: