Vorwort - Kapitel 2

parden

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Mich hat dann aber doch überrascht, dass das Buch schon 1985 (im Original) und auf deutsch 1987 erstmals erschienen ist. Es sich also um eine Neuauflage handelt. Das Buch wurde Anfang der 90er sogar verfilmt
Brian Moore war mir bisher gar kein Begriff.
Mich hat auch überrascht, dass wir hier eine Neuauflage lesen. Innen im Umschlag ist vermerkt, dass es sich bei dem Roman sogar um einen 'Klassiker' handelt. Definiere Klassiker... ;)Von Brian Moore habe ich zuvor auch noch nie etwas gehört... ;)
 

parden

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13. April 2014
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Ich staune gerade, was hier schon los ist in der Diskussionsrunde - aber da sieht man wieder, dass jeder ein Buch anders liest und anders dabei empfindet. Ich musste auch versuchen, in manchen Szenen mein Kopfkino von allzu deutlichen Bildern abzuhalten - einschließlich der Gerüche... Aber ich habe das Gefühl, dass hier ein tatsächliches, ein authentisches Bild der Lebensweise der Ureinwohner vermittelt wird. Da prallen wirklich extreme Kulturen aufeinander. Dafür, dass historische Romane eigentlich nicht zu meinen bevorzugten Genres gehören, bin ich doch ganz angetan - das liegt wirklich vor allem am Gefühl der Authentizität. Keine verklärte Indianerromantik, aber auch keine Verherrlichung der Überlegenheit der 'Weißen'. Eher ein Erlebnisbericht in Romanform. Ich bin jedoch froh, mir das ganze von außen ansehen zu können und nicht da leben zu müssen...
 

RuLeka

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Keine verklärte Indianerromantik, aber auch keine Verherrlichung der Überlegenheit der 'Weißen'.
Das empfinde ich auch als positiv. Keine idealisierten Indianer, keine verklärten Weißen. Die Indianer haben ein positiveres Verhältnis zur Natur, aber z.T. rigorose Umgehensweisen miteinander. Kranke z.B. sind Ballast, Frauen müssen ganz schön schuften etc. Vieles bedingt sich natürlich durch das harte Leben in der Wildnis. Ethik braucht einen gewissen Lebensstandard, frei nach Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
 

KrimiElse

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Ich stecke noch mitten im ersten Abschnitt, habe zuvor wie Ulrike das Vorwort und das Nachwort gelesen. Ich mag bisher sehr, was ich lese, stoße mich an gar nichts. Ja, es ist nicht schön und sauber, und auch nicht für mich im bequemen Lesesessel wünschenswert. Aber ich empfinde die Beschreibungen als sehr authentisch.
Nix mit Winnetou-Romantik, und darüber freue ich mich außerordentlich (Karl May war schließlich nie vor Ort, hat sich nicht einmal auf historische Quellen wie Brian Moore bezogen, hat aber das Bild von Indianern bei vielen von uns irgendwie geprägt).
Ich bin nicht gläubig, und habe einen äußerst kritischen Blick auf die Missionierung von Naturvölkern, insbesondere in der Vergangenheit durch Jesuiten. Mir gefällt hier, dass Moore völlig wertungsfrei mit den Tatsachen umgeht, dass die Überheblichkeit und das Überlegenheitsgefühl auf beiden Seiten zu finden ist, bei den „Wilden“ (ich mag das Wort im Sinne der aktuellen Korrektheit nicht, aber irgendwie klingt es auch gefährlich und spannend, was diese Völker durchaus ausmacht) und auf Seiten der „zivilisierten“ Jesuiten.
Ich bin übrigens froh, dass die ursprüngliche Ausdrucksweise mit dem bisschen Unkorrektheit erhalten blieb (ist es eigentlich eine neue Übersetzung, die wir hier lesen?)

Der Autor Brian Moore SUBt bei mir schon länger, ich habe zwei Bücher angelesen („Dillon“ und „Katholiken“), und dieses Buch stand schon länger auf der Wunschliste.
Der Autor gilt als kritischer Katholik, bei manchen sogar als Agnostiker (was ich nicht so empfinde nach dem, was ich über ihn und von ihm gelesen habe) und seine Bücher befassen sich oft mit Themen oder Figuren, die irgendwie mit dem Katholischen Glauben und Kritik an der Kirche zu tun haben. So ist sein Erstlingswerk zum Beispiel über eine einsame Irische Katholikin in Belfast, die dem Alkohol verfällt und sich vor dem Absturz aufbäumt und nach dem Leben zu greifen versucht - eine Antiheldin (irgendwann will ich das lesen - im Alter :D)
 

ulrikerabe

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Bibliomarie

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Die Schulen wurden damals nahezu ausschließlich von der Kirche betrieben. Oftmals fehlte den ortsansässigen Priestern das Wissen, um es weiter zu helfen. Deswegen haben sich die oftmals gebildeten Jesuiten an diese Stellen aufgemacht und dort geholfen.


An dieser Stelle herzlichen Dank, dass Du das Buch an mich weitergegeben hast. Mein Exemplar ist ja leider nicht eingetroffen.
Jetzt kann ich etwas verspätet doch in die Leserunde einsteigen.
 

Bibliomarie

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An manche Szene erinnere ich mich tatsächlich noch schwach. Ich habe das Buch vor 30 Jahren schon einmal gelesen. Ich arbeitete damals im Buchhandel und Diogenes hat ein Leseex verschickt. Es ist interessant, es mit einer anderen Lebenserfahrung zu lesen.

Die „Wilden“ werden sie von den Franzosen genannt und der Abscheu über ihre Lebensweise ist deutlich. Was für ein Unterschied zu Franzosen aus dem Zeitalter Richelieus. Der junge Tallévant ist entsetzt, als er einen weißen Pelzhändler sieht, der sich ganz den indianischen Gepflogenheiten angepasst hat. Hier stoßen eben zwei Welten aufeinander und die Jesuiten – ich will ihren missionarischen Eifer gar nicht schmälern – sehen sich natürlich als überlegen an. Sie sehen es als ihre Pflicht an, den „Wilden“ den einzig wahren Glauben zu bringen. Was für eine Fehleinschätzung, die Missionierung hat fast überall nur Leid gebracht. Krankheiten wurden eingeschleppt, die für die Eingeborenen meist tödlich waren und ihr Sozialgefüge wurde durcheinander gebracht. .Aber anderseits gehen sie in ihrer Aufgabe auf, nehmen Schmutz und Schmerzen, Einsamkeit und vielleicht auch Zweifel auf sich, immer im Dienst Gottes. Eine Haltung, wenn ich sie auch nicht bewundern kann.
 

Bibliomarie

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Und ich gebe zu, dass ich nicht nur das Vorwort, sondern auch das Nachwort von Julian Barnes gelesen habe.

Damit habe ich auch angefangen, es ist ein guter Einstieg.

Ich finde es sehr gelungen, wie das Aufeinanderprallen dieser zwei Welten geschildert wird. Da ist ja nicht nur die Diskrepanz "Wilde" und Priester, sondern auch Priester und die anderen Europäer.

Das finde ich gut herausgearbeitet. Ich fürchte, dass Laforgue an seine Grenzen kommen wird.
 

Bibliomarie

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Ich mag bisher sehr, was ich lese, stoße mich an gar nichts. Ja, es ist nicht schön und sauber, und auch nicht für mich im bequemen Lesesessel wünschenswert. Aber ich empfinde die Beschreibungen als sehr authentisch.

Ganz genau und wenn von den Pelzhändlern gesprochen wird, die wie die "Wilden" leben, dann muss man auch daran denken, dass in Europa um 1650 die einfachen Bauern auch nicht bequem in weißen Laken schliefen und täglich frische Unterwäsche hatten.
 

Bibliomarie

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So ist sein Erstlingswerk zum Beispiel über eine einsame Irische Katholikin in Belfast, die dem Alkohol verfällt und sich vor dem Absturz aufbäumt und nach dem Leben zu greifen versucht - eine Antiheldin (irgendwann will ich das lesen - im Alter

Das habe ich auch gelesen und habe mir fest vorgenommen, es noch mal zu lesen. Als das Thema hier auf eine LR mit Moore kam, hatte ich das Buch sofort wieder im Kopf.
 

RuLeka

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die Missionierung hat fast überall nur Leid gebracht. Krankheiten wurden eingeschleppt, die für die Eingeborenen meist tödlich waren und ihr Sozialgefüge wurde durcheinander gebracht
Das wäre auch ohne die Missionare passiert. Denn wesentlich wichtiger waren die Händler und diejenigen, die das Land für sich in Anspruch nahmen. Die sorgten mindestens genauso stark für die Ausbreitung von Krankheiten und die Zerstörung der Kultur.
Ich will hier nicht die Missionierung schönreden. Ich halte sie auch für zweifelhaft, aber sie trägt nicht die „ Hauptschuld“. Es lassen sich im Rahmen der Missionierung weltweit auch positive Projekte finden, wie den Bau von Schulen, Krankenhäusern etc.
Hier um Roman geht es zwar um den Konflikt Jesuiten und „ Wilde“, um theologische und ethische Fragen. Es wäre ein anderes Buch, wenn man die politischen oder wirtschaftlichen Themen in den Fokus gerückt hätte.
 

Bibliomarie

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Das wäre auch ohne die Missionare passiert. Denn wesentlich wichtiger waren die Händler und diejenigen, die das Land für sich in Anspruch nahmen. Die sorgten mindestens genauso stark für die Ausbreitung von Krankheiten und die Zerstörung der Kultur.
Ich will hier nicht die Missionierung schönreden. Ich halte sie auch für zweifelhaft, aber sie trägt nicht die „ Hauptschuld“. Es lassen sich im Rahmen der Missionierung weltweit auch positive Projekte finden, wie den Bau von Schulen, Krankenhäusern etc.
Hier um Roman geht es zwar um den Konflikt Jesuiten und „ Wilde“, um theologische und ethische Fragen. Es wäre ein anderes Buch, wenn man die politischen oder wirtschaftlichen Themen in den Fokus gerückt hätte.

Natürlich, zuerst kamen die Entdecker, dann die Händler und in ihrem Gefolge die Missionare. Es lief immer gleich ab und jede Gruppe hatte ihren Anteil.

Auch die positiven Beispiele der Missionierung gab und gibt es immer noch. Aber wie du schon sagst, es ist ein anderes Thema.