Den Film kenne ich nicht. Aber Chris Kraus war mir bis zur Leipziger Buchmesse 2017 zumindest als Regisseur ein Begriff, obwohl ich noch nie bewusst einen Film von ihm gesehen hatte. In Leipzig ist er mir das erste Mal als Schriftsteller untergekommen. Damals hatte er seinen 1200 Seiten-Wälzer "Das kalte Blut" bei Diogenes veröffentlicht, welchen ich im Leben nicht gelesen hätte (zuviel Gewicht
). Aber dann habe ich den Autoren beim Diogenes-Bloggertreffen live und in Farbe erlebt. Chris Kraus ist unheimlich charismatisch. Und das, was er über den Wälzer erzählt hat (die Geschichte ist autobiografisch gefärbt), hat mich umgehauen. In Kurzform: sein Opa war bei der SS und Chris Kraus hat sich ausgiebig mit seiner Familiengeschichte beschäftigt, inkl. Recherche in Berliner Staatsarchiven. Dabei kamen sehr unschöne Dinge zutage. Das musst Du erstmal verknusen, wenn Du feststellst, dass der Opa, den Du sehr geliebt hast, eine Geschichte hat, die alles andere als liebenswert ist. Und dann hat der Regisseur Chris Kraus daraus eine Idee für einen Film oder Fernsehserie entwickelt. Und später kam dann das Buch "Das kalte Blut". Das ist im Übrigen seine sehr spezielle Vorgehensweise: aus der Filmidee, sogar aus dem Drehbuch entwickelt sich später ein Roman.
Und jetzt kriege ich noch die Kurve zu "Scherbentanz": auch dieser Roman ist autobiografisch gefärbt. Die Familie Solm gab es auch in "Das kalte Blut".
Und von den 1200 Seiten war im Übrigen keine Seite zuviel. Das Buch ist der Hammer.