Hi people,
Könnt ihr euch noch an den Fortsetzungsroman in der Zeitung erinnern? Es gehört zu meinen lustigen Familien-Erinnerungen wie das Alltagsritual am Frühstückstisch unter der Woche ablief. Ohne Worte.
Wenn mein Papa die Türe zur Küche öffnete, war das allererste, was er tat, das Radio, das sich sozusagen neben dem Lichtschalter auf einer kleinen Anhöhe linker Hand befand, ich sehe es vor mir, anzuknipsen. Davon habe ich wohl meine Allergie gegen ständiges Radiogedudel. Papa war der erste morgens. Unsere Tassen und was wir so brauchten standen schon auf dem Küchentisch, wenn wir älteren Kinder eintrudelten; die wir mitten in der Nacht in die Schule mussten (alles, was vor acht Uhr ist, ist mitten in der Nacht). Die Milch war gekocht, das Brot geschnitten, die Butter inzwischen streichfähig, Kaba stand bereit. Ei, ich gestehe es, ich habe mindestens noch bis siebzehn Kaba getrunken. Oder Karokaffee. Für die Mama hatte Paps den Kaffee in eine Thermoskanne abgefüllt. Er war ein guter Mann! Mama kam ein wenig später in den Tag.
Wenn wir, mein Bruder und ich uns auf die Eckbank quetschten, jeder auf seinen ihm seit Jahren zustehenden Platz, konnten wir Papa nicht sehen, er war hinter einer Zeitung verborgen. Nachdem wir „hmhm“ oder „äh, echt jetzt Alter“ gebrummt hatten, nee, also spult zurück, solch einen Wortschatz hatten wir erst später, also, nachdem wir die letzte Silbe von „guten Morgen“ aus uns herausgepresst hatten, so was wie „ggggnnn“ und Platz genommen hatten, und sobald wir unseren Kaba/Karo umrührten, stillschweigend – und das Schweigen war wichtig - raschelte es und es wurde uns ein Teil Zeitung gereicht, meinem Bruder der Sportteil, mir der Fortsetzungsroman!!! Aber ohne Worte und ohne dass Papa auftauchte.
Könnt ihr euch noch an den Fortsetzungsroman erinnern? Er stand auf der Innenseite der ersten Zeitungsseite unten! Ich sehs vor mir. Besonders gehaltvoll war der Fortsetzungsroman nicht; wie ich erinnere gab es meistens Liebe, die zuerst Hindernisse überwinden musste; also der weibliche Part traf Mr. Right, verwarf ihn und warf sich Mr. Notright an den Hals, dann gab es eine Menge Missverständnisse und Verwicklungen und am Ende – ich bin heute noch gerührt – sie hatte ihn ja oftmals zu Unrecht beschuldigt, dies und jenes getan zu haben, konnte sie es kaum glauben, dass er ihr den Ring an den Finger steckte! Sie war Wachs in seiner Hand. Wie das Gleichgewicht in der Ehe ausgesehen haben mag? Sie, auf ewig dankbar, dass er sich zu ihr herabgelassen hat. Blümchenliteratur eben. Und manchmal gab es auch Dachbodenfunde oder dunkle Geheimnisse auf einem Herrengut. Sobald ein Koffer auftauchte, war klar, dass darin Briefe waren ... werft alte Koffer nicht weg, da ist IMMER ein Briefwechsel drin und führt euch zu einem Cottage, das bald euch gehört. Aber klaro, eben nur, wenn ihr den Koffer nicht weggetan habt.
Herrlich! Wir konnte aus mir eine Leserin werden, die den anspruchsvollen Roman vorzieht? Ich bin sowohl durch meine Oma wie auch den Fortsetzungsroman ausgiebig mit schlechter Lektüre gefüttert worden. Hat nicht geschadet. Jedenfalls dann nicht, wenn man in der Schule lernt, wie man den schlechten Stil vom guten unterscheidet. Der Fortsetzungsroman hatte in unserer schnelllebigen Zeit keinen Bestand. Er ist begraben. Ebenfalls stillschweigend. Heute liest man anders. Wenn man denn liest.
Ich lese gerade
auf dem E-Reader. Schneller und bequemer kommt man nicht an neue Lektüre. Aber ich bezweifele, dass meine Kinder sich daran erinnern werden, wie ich ihnen am Frühstückstisch ein Stück Ebook überreichte. Stillschweigend. Denn etwas Stille am Tag ist wichtig. Besonders am Morgen. Wie bringt ihr eure Familie dazu, auch mal die Klappe zu halten?
Wie bereitet ihr euch auf den Tag vor? Mit Blümchenliteratur? Welche nostalgischen Gedanken habe ich in euch geweckt? Braucht ihr es manchmal ruhig? Dudelt das Radio im Hintergrund? (Macht es aus, ihr könnt sonst eure eigenen Gedanken nicht mehr hören. Falls ihr welche habt).
Eure Donnerstagswanda wünscht schon mal Frohe Ostern!
Könnt ihr euch noch an den Fortsetzungsroman in der Zeitung erinnern? Es gehört zu meinen lustigen Familien-Erinnerungen wie das Alltagsritual am Frühstückstisch unter der Woche ablief. Ohne Worte.
Wenn mein Papa die Türe zur Küche öffnete, war das allererste, was er tat, das Radio, das sich sozusagen neben dem Lichtschalter auf einer kleinen Anhöhe linker Hand befand, ich sehe es vor mir, anzuknipsen. Davon habe ich wohl meine Allergie gegen ständiges Radiogedudel. Papa war der erste morgens. Unsere Tassen und was wir so brauchten standen schon auf dem Küchentisch, wenn wir älteren Kinder eintrudelten; die wir mitten in der Nacht in die Schule mussten (alles, was vor acht Uhr ist, ist mitten in der Nacht). Die Milch war gekocht, das Brot geschnitten, die Butter inzwischen streichfähig, Kaba stand bereit. Ei, ich gestehe es, ich habe mindestens noch bis siebzehn Kaba getrunken. Oder Karokaffee. Für die Mama hatte Paps den Kaffee in eine Thermoskanne abgefüllt. Er war ein guter Mann! Mama kam ein wenig später in den Tag.
Wenn wir, mein Bruder und ich uns auf die Eckbank quetschten, jeder auf seinen ihm seit Jahren zustehenden Platz, konnten wir Papa nicht sehen, er war hinter einer Zeitung verborgen. Nachdem wir „hmhm“ oder „äh, echt jetzt Alter“ gebrummt hatten, nee, also spult zurück, solch einen Wortschatz hatten wir erst später, also, nachdem wir die letzte Silbe von „guten Morgen“ aus uns herausgepresst hatten, so was wie „ggggnnn“ und Platz genommen hatten, und sobald wir unseren Kaba/Karo umrührten, stillschweigend – und das Schweigen war wichtig - raschelte es und es wurde uns ein Teil Zeitung gereicht, meinem Bruder der Sportteil, mir der Fortsetzungsroman!!! Aber ohne Worte und ohne dass Papa auftauchte.
Könnt ihr euch noch an den Fortsetzungsroman erinnern? Er stand auf der Innenseite der ersten Zeitungsseite unten! Ich sehs vor mir. Besonders gehaltvoll war der Fortsetzungsroman nicht; wie ich erinnere gab es meistens Liebe, die zuerst Hindernisse überwinden musste; also der weibliche Part traf Mr. Right, verwarf ihn und warf sich Mr. Notright an den Hals, dann gab es eine Menge Missverständnisse und Verwicklungen und am Ende – ich bin heute noch gerührt – sie hatte ihn ja oftmals zu Unrecht beschuldigt, dies und jenes getan zu haben, konnte sie es kaum glauben, dass er ihr den Ring an den Finger steckte! Sie war Wachs in seiner Hand. Wie das Gleichgewicht in der Ehe ausgesehen haben mag? Sie, auf ewig dankbar, dass er sich zu ihr herabgelassen hat. Blümchenliteratur eben. Und manchmal gab es auch Dachbodenfunde oder dunkle Geheimnisse auf einem Herrengut. Sobald ein Koffer auftauchte, war klar, dass darin Briefe waren ... werft alte Koffer nicht weg, da ist IMMER ein Briefwechsel drin und führt euch zu einem Cottage, das bald euch gehört. Aber klaro, eben nur, wenn ihr den Koffer nicht weggetan habt.
Herrlich! Wir konnte aus mir eine Leserin werden, die den anspruchsvollen Roman vorzieht? Ich bin sowohl durch meine Oma wie auch den Fortsetzungsroman ausgiebig mit schlechter Lektüre gefüttert worden. Hat nicht geschadet. Jedenfalls dann nicht, wenn man in der Schule lernt, wie man den schlechten Stil vom guten unterscheidet. Der Fortsetzungsroman hatte in unserer schnelllebigen Zeit keinen Bestand. Er ist begraben. Ebenfalls stillschweigend. Heute liest man anders. Wenn man denn liest.
Ich lese gerade
Gewitterwolken schürfen über den Rücken der Pyrenäen und ein Blitz erschlägt den dichtenden Bauern Domènec, dessen junge Frau Sió mit ihrem Schwiegervater und ihren Kindern allein zurückbleibt. Doch das Leben geht weiter. Teilnahmslos beobachten die Berge das Werden und Vergehen derer, die dort leben. Die junge katalanische Schriftstellerin Irene Solà, die für diesen Roman 2020 mit dem Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, erschafft und belebt eine vielstimmige und poetische Welt, erzählt durch starke Frauen und mystische Stimmen von Großeltern, Eltern, Kindern, Tieren, Geistern, dem Wald und den Wolken. Sie alle bilden diese Geschichten, die auf eine schöne und magische, aber auch tragische Art und Weise miteinander verbunden sind. Alle vereint im Kreislauf von Geburt, Leben und Tod. Solà erzählt die Geschichte der Berge, die die Erinnerung an Jahrhunderte, an geologische Epochen, politische Konflikte und die Verbindung mit der Natur umfasst.Kaufen
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auf dem E-Reader. Schneller und bequemer kommt man nicht an neue Lektüre. Aber ich bezweifele, dass meine Kinder sich daran erinnern werden, wie ich ihnen am Frühstückstisch ein Stück Ebook überreichte. Stillschweigend. Denn etwas Stille am Tag ist wichtig. Besonders am Morgen. Wie bringt ihr eure Familie dazu, auch mal die Klappe zu halten?
Wie bereitet ihr euch auf den Tag vor? Mit Blümchenliteratur? Welche nostalgischen Gedanken habe ich in euch geweckt? Braucht ihr es manchmal ruhig? Dudelt das Radio im Hintergrund? (Macht es aus, ihr könnt sonst eure eigenen Gedanken nicht mehr hören. Falls ihr welche habt).
Eure Donnerstagswanda wünscht schon mal Frohe Ostern!