Ich habe mich ja zuvor schon geoutet als jemand, dem der Roman überhaupt nicht gefallen hat. Das muss ich nun leider auch im Fazit nochmal ausführen und bekräftigen. Drei Aspekte möchte ich dafür anführen:
- generell muss ich in Frage stellen, ob die Neuerzählung eines alten Werkes wirklich eine gute Idee ist. Jedenfalls bei Jacobson hat mir das keine Freude und Neuerkenntnisse gebracht. Ich wünsche mir neue Geschichten, die gerne alte Themen, die schon mal in früherer Zeit bearbeitet wurden, aufgreifen, aber ein genügendes Maß an Freiheit und eigener Kreativität aufweisen, nicht so eine Neubearbeitung, die allzu eng und nah an dem Original bleibt, dass eigene, neue Akzente irgendwie nur in die alte Handlung eingeschnürt und damit irgendwie "beschnitten" ;-) daherkommen.
- vom formalen Aspekt her hat mich "Shylock" nicht überzeugt, da er sich als Roman verkauft, wesentliche Prosa-Elemente dann aber außer Acht lässt oder nicht nutzt. Der Großteil des Romans ist reiner Dialog, die verbindenden Prosastücke dazwischen ohne einen irgendwie in Erscheinung tretenden, eine Rolle einnehmenden Erzähler, letztlich von der Haltung her nicht viel mehr als reine Bühnenanweisungen. Heraus kommt ein sehr spröder, anspruchsvoller Text, dem ich mich nicht gewachsen sah und der in mir nichts an Bilderwelten und Ideenflüssen auszulösen vermochte.
- inhaltlich war ich oft mehr als irritiert angesichts der Behandlung des Judenthemas, das hier noch so viel mehr im Mittelpunkt steht als bei Shakespeare - im Übrigen keine Überraschung, wählt Jacobson doch Shylock als Titelhelden aus, während das bei Shakespeare Antonio war. Die Klischees und Vorurteile Juden gegenüber, die dann hier angesprochen und ins Feld geführt werden, habe ich in keiner Weise durch die mittlerweile gewachsenen historischen Erkenntnisse und Erlebnisse angereichert gesehen. So wie sie bei Shakespeare (ansatzweise) waren, sind sie von Jacobson über die Jahrhunderte hinweg schlicht neu aufgenommen worden, um Shylock/Strulovitch als typisierte Vertreter des Judentums zu zeichnen. So jedenfalls habe ich den Roman gelesen.
Drei Gründe, die nicht alle in der Leserunde teilen müssen. Die für mich aber das Fazit begründen: eine nicht nur überflüssige, sondern sogar ärgerliche Lektüre, die ich ohne Leserunde ganz sicher irgendwo abgebrochen hätte.