Siebtes Buch

Literaturhexle

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Herbert vermutet, dass Franz nur deshalb bei Pums mitmachen will, um sich an ihnen zu rächen. Das würde ich ebenso annehmen, wenn wir Leser nicht besser aufgeklärt würden. Warum er es tut? Will er sich selbst beweisen, dass er auch einarmig noch zu etwas zu gebrauchen ist? Will er es ihnen zeigen? Will er beweisen, dass er niemanden verrät und man ihm vertrauen kann?

Franz ist schon ein recht gutgläubiger Charakter. Er selbst scheint keine Bösartigkeiten auszubrüten - nur sobald er in Zorn gerät, ist er nicht mehr Herr seiner Sinne und zu allem fähig. Da kann er dann auch eine Frau in seiner Rage umbringen...

Einen Eindruck von seiner Gewaltbereitschaft bekommen wir, als Mieze ihm etwas von einem Freier erzählt, in den sie sich verliebt zu haben scheint: Er schlägt Mieze ziemlich unsacht zusammen. Sie verzeiht ihm aber schnell wieder.

Reinhold plant derweil Böses: Er will Franz die schöne Mieze ausspannen. Er besucht sie heimlich, stößt aber auf Ablehnung. Da Mieze aber den Kontakt zur Pums-Truppe sucht, weil sie meint, durch mehr Wissen ihrem Franz helfen zu können, spielt sie Reinhold in die Karten und er schafft es, sich mit ihr wiederholt zu verabreden.

Während Mieze die Ausflüge einerseits genießt, hofft sie andererseits, etwas Brauchbares herauszubekommen. Auch sie tanzt auf einem Eisberg und scheint sehr naiv zu sein. Man darf sie natürlich nicht mit einer normalen Frau vergleichen. Schließlich geht auch sie einem Gewerbe nach, das eher im Untergrund stattfindet und nicht legal ist.
Beim zweiten Ausflug wird Reinhold zudringlich. Mieze weist ihn zurück, fühlt sich aber auch angezogen von ihm. Fast hätte er sie rumgekriegt, er will aber, dass sie sich von Franz lossagt. Das öffnet ihr die Augen. Es kommt zu einem Schlagabtausch, in dem Mieze erfährt wie genau Franz seinen Arm verloren hat. Das reicht ihr, sie will weg!

Da dreht Reinhold durch, erwürgt und erschlägt sie im Wald. Sein Kompagnon muss helfen, die Leiche zu verscharren. Das Ende des Buches ist harter Tobak.
 

ElisabethBulitta

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Einen Eindruck von seiner Gewaltbereitschaft bekommen wir, als Mieze ihm etwas von einem Freier erzählt, in den sie sich verliebt zu haben scheint: Er schlägt Mieze ziemlich unsacht zusammen. Sie verzeiht ihm aber schnell wieder.

Oh ja, das war sehr hart.
Ich verstehe allerdings auch Mieze nicht so ganz. Ist sie naiv? Hat sie Angst, irgendwann allein dazustehen? Ist sie Franz, warum auch immer, hörig?
 

Literaturhexle

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Oh ja, das war sehr hart.
Ich verstehe allerdings auch Mieze nicht so ganz. Ist sie naiv? Hat sie Angst, irgendwann allein dazustehen? Ist sie Franz, warum auch immer, hörig?
Sie muss naiv sein. Sonst hätte sie Franz doch die Geschichte von dem in sie verliebten Neffen nicht erzählt.
Später im Buch hat sich für mich allerdings schon bestätigt, dass sie Franz liebt, vielleicht aber etwas anders, als wir das heute als selbständige Frauen verstehen würden.
Zu der Naivität gesellt sich der Mangel an Bildung und der Fähigkeit zu Reflektieren und zu Verstehen. Sie ist ein Gutmensch, der auch anderen nichts allzu Böses zutraut. Das wird ihr zum Verhängnis.
 

MRO1975

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Warum er es tut? Will er sich selbst beweisen, dass er auch einarmig noch zu etwas zu gebrauchen ist? Will er es ihnen zeigen? Will er beweisen, dass er niemanden verrät und man ihm vertrauen kann?
Ja, das glaube ich. Franz ist ohne rechten Arm kein rechter Mann mehr und will sich und den Anderen beweisen, dass er noch brauchbar ist. Fürs Geld macht er es schließlich nicht. das zeigt das anschließende Gespräch mit Mietze, die ja fast beleidigt war, als sie annahm, sie brächte nicht genug Geld nach Hause - verletzter Hurenstolz....
 

MRO1975

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Da dreht Reinhold durch, erwürgt und erschlägt sie im Wald. Sein Kompagnon muss helfen, die Leiche zu verscharren. Das Ende des Buches ist harter Tobak.
Allerdings! Mal sehen, wir Franz damit umgeht. Das ist m.E. der härteste Schlag, den er bis jetzt bekommen hat. Eigentlich müsste er ausrasten...
 

ElisabethBulitta

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Die Beziehungen zwischen Männern und Frauen entsprechen so gar nicht mehr unserem Weltbild - zum Glück.

Nun ja, da kann man durchaus geteilter Meinung sein. Ich bin mir da jedenfalls nicht so sicher.
Biberkopfs Leben spielt in einem ganz bestimmten Milieu. Und dieses Milieu gab es schon immer und wird es immer geben. Gewalt gegen Frauen und Kinder gibt es auch heute noch, Zwangsprostitution, Mord und Totschlag. Wozu bräauchten wir bspw. Frauenhäuser, wenn alles toll wäre? Nur als Anregung zum Nachdenken.
 
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Literaturhexle

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Biberkopfs Leben spielt in einem ganz bestimmten Milieu. Und dieses Milieu gab es schon immer und wird es immer geben.
Da hast du vollkommen recht! Wahrscheinlich ist es nicht mehr so verbreitet wie damals, weil zumindest Deutschland sich entwickelt hat und viel mehr Menschen Zugang zu Bildung haben, die in aller Regel aus dem Milieu herausführt. Aber GEBEN tut es das wahrscheinlich immer noch. Machos sterben nicht aus.

Dennoch Stimme ich auch mit @MRO1975 überein: das WELTBILD ist längst nicht mehr dasselbe.
 

MRO1975

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Nun ja, da kann man durchaus geteilter Meinung sein. Ich bin mir da jedenfalls nicht so sicher.
Biberkopfs Leben spielt in einem ganz bestimmten Milieu. Und dieses Milieu gab es schon immer und wird es immer geben. Gewalt gegen Frauen und Kinder gibt es auch heute noch, Zwangsprostitution, Mord und Totschlag. Wozu bräauchten wir bspw. Frauenhäuser, wenn alles toll wäre? Nur als Anregung zum Nachdenken.
Ich würde nicht sagen, dass es heute noch als normal gilt, wenn die Frau unter der Fuchtel ihres Mannes steht und der sie schlagen kann, wie er will. Das heißt natürlich nicht, dass es so etwas gar nicht mehr gäbe.
 

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Wadern
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Ich würde nicht sagen, dass es heute noch als normal gilt, wenn die Frau unter der Fuchtel ihres Mannes steht und der sie schlagen kann, wie er will. Das heißt natürlich nicht, dass es so etwas gar nicht mehr gäbe.
Zumindest nicht in unserer westlichen Kultur.
Und ihr habt Recht, Franz bewegt sich in der Unterschicht - in anderen Kreisen mag das anders gewesen sein.
Mieze ist wirklich naiv, sie glaubt, sie könne es mit Reinhold aufnehmen. Und Franz will sich beweisen- so sehe ich es auch. Wenn man das Ende des Buches betrachtet, ergibt der wiederkehrende Vers vom Schnitzer, der den Tod bringt, auch Sinn.
 

kingofmusic

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Zumindest nicht in unserer westlichen Kultur.
Und ihr habt Recht, Franz bewegt sich in der Unterschicht - in anderen Kreisen mag das anders gewesen sein.
Mieze ist wirklich naiv, sie glaubt, sie könne es mit Reinhold aufnehmen. Und Franz will sich beweisen- so sehe ich es auch. Wenn man das Ende des Buches betrachtet, ergibt der wiederkehrende Vers vom Schnitzer, der den Tod bringt, auch Sinn.
Ja, die wiederkehrenden Reime in jedem Buch spiegeln meistens die Aussage oder den Kern des Inhalts bzw. die Stimmung wider - ein brillantes Instrument, welches Döblin da angewendet hat!!!
 

Literaturhexle

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Ja, die wiederkehrenden Reime in jedem Buch spiegeln meistens die Aussage oder den Kern des Inhalts bzw. die Stimmung wider - ein brillantes Instrument, welches Döblin da angewendet hat!!!
Das ist wirklich ein Weltklassiker, den ich mir gewiss noch einmal anhören werde. So brillant geschrieben: da entdeckt man immer wieder was Neues!