Rezension (5/5*) zu Treue: Roman von Hernan Diaz

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.289
10.414
49
49
Buchinformationen und Rezensionen zu Treue: Roman von Hernan Diaz
Kaufen >
Einzigartig

Einzigartig

Der Roman "Treue" von Hernan Díaz ist in 4 Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt ist im Grunde genommen ein eigenständiges Buch. Es handelt sich also um eine Zusammenstellung von 4 Werken, zusammengefasst zu einem. Der Vergleich mit den Matroschka-Figuren, die ja sicher jeder kennt, ist durchaus passend, da man beim lesen schnell merkt, dass alles miteinander verstrickt ist. Das eine steckt im anderen, man muss es nur ans Licht holen!

Der erste Teil ist mit "Verpflichtungen " von Harold Vanner betitelt, und erzählt wie der Börsenspekulant Benjamin Rask zu dem wurde, was er war, nämlich ein reicher Mann, der sich alles leisten konnte. Als seine Frau Helen mit einem sehr schweren Leiden in eine Nervenklinik in die Schweiz gebracht wird, merkt er, dass man nicht alles mit Geld bekommen kann.

Im zweiten Teil erfahren wir die Geschichte des Finanziers Andrew Bevel. Schnell wird klar, dass der erste Teil des Buches mit dem zweiten eng verknüpft ist. Mehr noch, hier lesen wir die Biografie Bevels, der diese nur verfasst hat, um dem Schriftsteller des Romans Verpflichtungen, etwas entgegenzusetzen. Bevel erkennt in dem Roman, sein Leben und das seiner Frau Mildred, wieder, allerdings ist er mit den Schilderungen nicht einverstanden. Laut ihm sei vieles erfunden und nicht korrekt dargestellt. Seine Biografie ist allerdings noch nicht komplett ausgereift, es wurde einiges nur stichpunktartig festgehalten.

Dieser Umstand erklärt sich im dritten Teil, in dem wir durch Ida Partenza erfahren, wie die Biografie zustande gekommen ist. Ida ist eine begabte junge Italienerin, die sich auf einen Posten in Andrew Bevels Firma bewirbt. Sie ahnt am Anfang nicht was sie erwartet, und geht als bald insofern in der Sache auf, dass sie ein unheimlich großes Interesse an den Tag legt, um das wahre Leben von Mildred Bevel zu ergründen. Keine der beiden Versionen scheinen Mildred gerecht zu werden.

Durch den vierten Teil bekommt der Leser nun endlich Antworten, auf die er schon lange gewartet hat.

Das gesamte Konzept ist sehr originell und man ist während des Lesens ständig im Zweifel über den Wahrheitsgehalt des gelesenen. Die Absichten die Vanner und Bevel antreiben ihre Version zu erzählen, liegen nicht direkt auf der Hand. Auch dies ist etwas, was der Leser sich nach und nach erarbeiten muss. Das meiste wird erst am Ende komplett klar, bis dahin muss man sich mit den eigenen Spekulationen begnügen. Und genau dieses raten und spekulieren macht dieses Buch aus.
Es dreht sich durch Andrews Tätigkeit natürlich vieles um die Finanzwelt. Ein Thema, dass mich persönlich eher langweilt, meine Kenntnisse zu den einzelnen Transaktionen sind ebenfalls eher begrenzt. Doch trotz allem hat mich dieses ausgetüftelte Werk in seinen Bann gezogen. Es besticht durch seine Andersartigkeit! Klare Leseempfehlung!