Rezension Rezension (5/5*) zu Totenweg von Romy Fölck.

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Buchinformationen und Rezensionen zu Totenweg von Romy Fölck
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Mord in der Elbmarsch

Die junge Polizistin Frida Paulsen strebt den höheren Dienstgrad an; der erfahrene Kriminalkommissar Bjarne Haverkorn nähert sich bereits der Pensionierung. Was sie verbindet ist ein ‘Cold Case’: ein ungeklärter Mordfall:

Frida war 13, als ihre beste Freundin Marit ermordet wurde – und sie war diejenige, die deren Leiche fand. Haverkorn, damals der leitende Ermittler, ahnte, dass Frida ihm etwas verschwieg, konnte den Fall jedoch letztendlich weder lösen noch loslassen.

Was sie wieder zusammenbringt ist ein Überfall auf Fridas Vater. Der liegt danach schwer verletzt im Koma, was Frida zwingt, zurückzukehren in heimatliche Gefilde: in die Elbmarsch.

| MEINE MEINUNG |

Eine der größten Stärken des Buches ist in meinen Augen die komplexe Dynamik zwischen Frida und Haverkorn…
…spürbar auch in Szenen, in denen sie nicht direkt interagieren. Zwiespältig, geprägt von gegenseitigem Misstrauen, aber auch von einer widerwilligen Verbundenheit: Marits Tod hat sie beide tief getroffen.

Fridas Fähigkeit, zu anderen Menschen tiefere emotionale Bindungen einzugehen, hat unter dem Trauma stark gelitten. Es ist bezeichnend, dass sie sich ausgerechnet für eine Karriere bei der Polizei entschieden hat – obwohl sie selber seit vielen Jahren Wissen über den Mord an ihrer Freundin verschweigt.

Auch Haverkorn hat dieser alte Fall unwiderruflich geprägt. Ein Mord an einem Kind lässt einen Ermittler nie kalt, aber aus persönlichen Gründen traf ihn Marits Tod bis ins Mark. Sein selbst empfundenes ‘Versagen’, den Mörder niemals gefunden zu haben, hat nicht nur seine berufliche Laufbahn beeinflusst.

Sie sind mitnichten perfekte Menschen. Beide haben gravierende Fehler begangen, sei es nun beruflich oder menschlich.
Aber für mich machte sie gerade das menschlich, ‘echt’ – und trotz aller Fehler sympathisch. Ihr Privatleben nimmt zwar relativ viel Raum ein, aber in meinen Augen lenkt das nicht von der Spannung des Falls ab.

Auch die anderen Charaktere sind sehr lebensecht und authentisch. Die Autorin zeichnet ein atmosphärisch dichtes Bild des Lebens der Menschen in der Elbmarsch, besonders dem der Apfelbauern, dabei hat sie ein feines Händchen für die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Den Schreibstil fand ich sehr ansprechend. Er hat nicht nur einen angenehm flüssigen Sprachrhythmus, sondern vermittelt mit liebevollen und gut recherchierten Details auch viel regionales Flair.

Dennoch ist “Totenweg” für mich ein Krimi, der auch ohne das Etikett ‘Regionalkrimi’ überzeugen könnte.
Sehr gelungen fand ich, dass die Geschichte auf zwei Zeitebenen und aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt wird, sich aber alles nahtlos zusammenfügt. Die Handlung ist solide konstruiert, mit einigen interessanten unerwarteten Wendungen, die nicht nur neues Licht auf den Fall werfen, sondern auch im persönlichen Leben von Frida und Haverkorn einiges durcheinanderbringen. Besonders eine Enthüllung gegen Ende hat mich kalt erwischt – da hätte ich nie mit gerechnet, obwohl ich im Rückblick zugeben muss, dass es Anzeichen dafür gab.

Ich habe mich von Anfang bis Ende gut unterhalten gefühlt, auch wenn es einige eher ruhige Passagen gibt, die mehr von der Atmosphäre leben als von der Spannung.
Die Auflösung fand ich im großen und Ganzen sehr schlüssig und gut gelungen, nicht nur die Aufklärung des Falls, sondern auch die Frage, warum Frida all die Jahre geschwiegen hat. Schade fand ich, dass ihr Schweigen im Endeffekt weniger tatsächliche Auswirkungen hat, als man dem Klappentext nach vermuten könnte.

Ein klein wenig bemängeln könnte ich auch, dass eine hochspannende Entwicklung am Schluss nur im Rückblick erzählt wird statt unmittelbar und mittendrin im Geschehen – aber das wäre eines Erachtens Jammern auf hohem Niveau.

| FAZIT |

Die junge Polizistin Frida steht am Anfang ihre Karriere, der erfahrene Kommissar Haverkorn fast am Ende.
Vor 18 Jahren haben sie sich kennengelernt – damals fand die 13-jährige Frida die Leiche ihrer besten Freundin Marit, und Haverkorn scheiterte bei dem Versuch, deren Mörder zu finden. Nun begegnen sie sich erneut, nachdem Fridas Vater aus unbekannten Gründen zusammengeschlagen wurde und im Koma liegt.

Die Charaktere werden authentisch beschrieben, der Schreibstil vermittelt viel Atmosphäre (und nebenher ein lebendiges Bild der Elbmarsch), und auch die Auslösung des Kriminalfalls ist sauber konstruiert. Der Spannungsbogen verläuft manchmal eher ruhig, aber unterhaltsam fand ich die Geschichte durchweg.

 

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