Rezension Rezension (5/5*) zu Tage ohne Ende von Sebastian Barry.

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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Von der Kraft des Menschen

Was habe ich hier nur in den letzten Tagen für einen Schatz in den Händen gehalten. Ein Buch wie ein Abenteuer, mich sehr an meine heiß geliebten Indianerbücher als Kind erinnernd. Das Indianerthema hat mich auch seither nie wirklich losgelassen, damals waren sie meine Helden, heute interessieren mich deren Vielfalt, deren Kulturen, deren Geschichte und deren Zukunft. Dieses Buch befasst sich mit der Zeit der Indianerkriege, vom Goldrausch in Kalifornien beginnend und in den Indianerkriegen der Prärie mündend. Das fiktive Buch erinnert zum Teil an wahre Begebenheiten in dieser Zeit des Genozids und schildert auch sehr treffend und äußerst wahrheitsgetreu die Härte der Gräueltaten, die an den Indianern verübt wurden. Muss man aushalten können. Ich finde es hingegen nur richtig, dass dieses unrühmliche Kapitel amerikanischer Geschichte nicht in Vergessenheit gerät. Wer dazu mehr wissen möchte, sollte "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses" von Dee Brown lesen. Ist aber sehr hart!!!


Andererseits spricht es auch das andere heftige Thema in Amerikas Geschichte an, den Amerikanischen Bürgerkrieg, schildert das ganze Grauen, dem die Menschen damals ausgesetzt waren. Und auch das Grauen, dem die schwarze Bevölkerung Amerikas in den südlichen Staaten ausgesetzt war, wird zu Papier gebracht.


Ebenso wird die Hungersnot in Irland zum Thema gemacht, die Situation auf den Einwandererschiffen aus Irland geschildert, sowie die Situation der armen Iren in Amerika. Ganz besonders bezeichnend fand ich die Situation im Bürgerkrieg im Buch, als auf beiden Seiten die Iren im Bürgerkrieg gegeneinander kämpften. Der Hungersnot entkommen, dem nächsten Grauen ausgesetzt, dass sie sich gegenseitig zufügen!


Nun zur Handlung: Die beiden 12/13-jährigen Jungen Thomas McNulty und John Cole laufen sich zufällig über den Weg und der irischstämmige McNulty und der junge Cole mit indianischem But in der Familie werden Freunde, beschließen gemeinsam durchs Leben zu gehen, werden wegen Mangels an weiblicher Bevölkerung Tanzmädchen in einem Saloon, gehen in den Wilden Westen zur Armee, entdecken schließlich tiefe Gefühle füreinander, adoptieren das Indianermädchen Winona, treten bei Minstrel-Shows (toll, wieder etwas gelernt) auf, gehen schließlich in den Bürgerkrieg … .


Und immer steht der Blick auf die Menschlichkeit im Fokus. Was macht uns zu Menschen? Was ist richtig oder falsch? Selbst wenn die Protagonisten fehlerhafte Handlungen begehen, reflektieren sie ihr Handeln, versuchen sich zu bessern. Sind Menschen mit Stärken und Schwächen. Liebenswerte Menschen!


Der Sprache und dem Sprachklang gebührt neben der Handlung auch ein großes Lob. Einerseits wird in einer harten Sprache gesprochen, einer der rauen Zeit in Amerika angepassten Sprache. Andererseits sind immer wieder Beschreibungen/Passagen zu finden, die zum Schmelzen schön sind, kleine literarisch Schätze mit einem wunderschönen Klang.


Mir hat dieses Buch sehr gefallen und ich gebe eine unbedingte Leseempfehlung! Toll!!

 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Stimmt, steht im Forum Liebesromane. Habe ich erst jetzt gesehen. Es ist zwar eine Liebe im Fokus, aber ich empfinde die geschichtlichen Fakten Amerikas hier deutlicher im Vordergrund. Ich würde es eher als Literatur oder Abenteuerroman sehen. Aber naja. Die berühmten Schubladen. :):):)
 
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Reaktionen: KrimiElse

Literaturhexle

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da hab ich gerade die Wassermusik gesehen. Das muss/will ich auch noch lesen.
Ich habe die Wassermusik als Hörbuch gehört! War auch klasse. Eigentlich ist der Schelmenroman (da hat auch die Wassermusik was von, wenn auch nicht reinrassig ) meine Sache nicht. Aber die Fabulierkunst Boyles ist schon extraordinär!
 

KrimiElse

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buchmafia.blogspot.com
Ich habe die Wassermusik als Hörbuch gehört! War auch klasse. Eigentlich ist der Schelmenroman (da hat auch die Wassermusik was von, wenn auch nicht reinrassig ) meine Sache nicht. Aber die Fabulierkunst Boyles ist schon extraordinär!
Welche Variante? Das Hörspiel oder die Lesung? Ich will es nämlich auch hören...
Ich liebe die Bücher von T.C. Boyle, besonders die älteren Sachen. Sein neuestes Werk liegt hier, bislang ungelesen, die Terranauten habe ich ihm inzwischen verziehen, nach Good Home Stories.
 

Literaturhexle

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Welche Variante? Das Hörspiel oder die Lesung? Ich will es nämlich auch hören...
Ich liebe die Bücher von T.C. Boyle, besonders die älteren Sachen. Sein neuestes Werk liegt hier, bislang ungelesen, die Terranauten habe ich ihm inzwischen verziehen, nach Good Home Stories.
Die Lesung . Ich lege Wert auf ungekürzte Varianten. Wer hat das Recht, etwas aus einem Buch rauszunehmen? Meistens höre ich bei Audible ;)

Interessant wieder Mal! Ich fand América herausragend. Willkommen in Wellville vom Thema her Klasse (zumal ich kurz vorher den Zauberberg gelesen hatte), es hatte aber ein paar Längen.
Die Good Home Stories waren mir überwiegend zu krass, ich bin aber auch nicht so der Geschichtentyp.
Welche Bücher würdest du noch von ihm empfehlen?
Das neueste hatte ich von der Onleihe, bin aber nicht fertig geworden. Liest sich gut.