Für seinen Roman „Shuggie Bain“ wurde Douglas Stuart mit dem Booker Preis 2020 ausgezeichnet. „Das beste Debüt, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.“ (Karl Ove Knausgård) „Dieses Buch werdet ihr nicht mehr vergessen.“ (Stefanie de Velasco)
Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-up, strahlend weißen Kunstzähnen und glamouröser Kleidung zeigt - und doch Trost immer mehr im Alkohol sucht. Sie zu retten ist Shuggies Mission, eine Aufgabe, die er mit absoluter Hingabe und unerschütterlicher Liebe Jahr um Jahr erfüllt, bis er schließlich daran scheitern muss. Ein großer Roman über das Elend der Armut und die Beharrlichkeit der Liebe, tieftraurig und zugleich von ergreifender Zärtlichkeit.Kaufen
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„Dum spiro spero.“ – „Solange ich atme, hoffe ich.“
Auch wenn dieses Zitat aus einem anderen Buch stammt, fand ich es geradezu passgenau auf „Shuggie Bain“, den mit dem Booker Price 2020 ausgezeichneten Debüt-Roman (erschienen 2021 im Hanser-Verlag und kongenial übersetzt von Sophie Zeitz) von Douglas Stuart, zugeschnitten.
Denn trotz aller Tristesse, die die Geschichte um die alkoholkranke Agnes mit sich bringt – Hoffnung gibt es in jeder Situation – sei sie noch so vertrackt und aussichtslos. Hört sich ambivalent an, ich weiß. Und trotzdem: nicht umsonst heißt es immer „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
In vorliegendem Roman erzählt der Autor die Geschichte seiner Mutter; allerdings keine reine Biografie, sondern fiktional. Wobei die Grenzen so fließend sind, dass die geneigte Leserschaft nicht unbedingt erkennt, was Douglas Stuart hinzugedichtet hat oder was tatsächlich seiner Erinnerung an die trostlosen Jahre im noch trostloseren Glasgow der 1980er-Jahre (also der Thatcher-Ära in Großbritannien) entsprungen ist.
Die Zeit ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, von Trostlosigkeit, von Gewalt, von Alkohol – eine Spirale in die untersten Sphären der Gesellschaft. Und mittendrin Agnes; Mutter von drei Kindern, von einer (zwar) langweiligen, aber guten Ehe „abgerutscht“ in eine unzumutbare Beziehung zu einem fürchterlich agierenden Mistkerl (sorry, was Anderes fällt mir zu Shug Bain nicht ein), der sie nach einem Umzug in eine (Sozial-)Siedlung voller Alkoholiker sitzen lässt. Und trotzdem gibt es immer jemanden an ihrer Seite, der sie nicht „loslässt“, der sie bedingungslos liebt: ihr Sohn Shuggie, der wegen seiner „Andersartigkeit“ von allen in seiner Schule verachtet, gehänselt und unterdrückt wird. Er sorgt sich um seine Mutter, steckt sein eigenes Leben „zurück“, um für sie da zu sein – im Gegensatz zu seinen Halbgeschwistern Catherine und Leek, die sich im Lauf der Zeit „absetzen“ und so den Sprung in die Unabhängigkeit wagen. Auch wenn Leek Shuggie aus seiner „Blase“ befreien will und sagt: „Mach nicht denselben Fehler wie ich. Sie wird nicht wieder gesund. Wenn die Zeit reif ist, musst du gehen. Das Einzige, was du tun kannst, ist dich selbst zu retten.“ (S. 410)
Nun, Agnes überlebt ihre Alkoholsucht nicht und trotzdem blitzt am Ende der (bisherigen) Geschichte (ich hoffe, der Autor erzählt in einer „Fortsetzung“ wie es mit Shuggie weitergeht) ein Silberstreif am Hoffnungshimmel auf: Shuggie findet Anerkennung in Form einer „Leidensgenossin“, die ihn annimmt wie er ist: anders und einzigartig.
Selten hat mich eine Mutter-/Sohn-Beziehung so berührt wie diese.
Absolut verdienter Preisträger-Roman und somit eine glasklare Leseempfehlung und 10 von 5*.
©kingofmusic
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