Rezension (5/5*) zu Schachnovelle: Penguin Edition von Stefan Zweig

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Schachnovelle: Penguin Edition von Stefan Zweig
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Überraschend

Überraschend

Als ich mit der Novelle von Stefan Zweig begann, hatte ich anfänglich bedenken, dass mir der Stil nicht gefallen könnte, doch diese Sorge verflüchtigte sich schnell. Im Gegenteil, ich fühlte mich sehr schnell wohl in der Materie und bin froh dieses Werk, das im Exil in Brasilien entstand, gelesen zu haben.

Schach steht zwar im Mittelpunkt des Büchleins, dennoch soll der Inhalt den Leser auf ganz andere Dinge stoßen. Doch um diese zu ergründen, muss der Leser erstmal den Werdegang des Schachspielers Czentovic ergründen. Als Pflegekind groß geworden, entdeckt dessen Ziehvater eher durch Zufall sein außerordentliches Talent. Czentovic ist ein eigenwilliger Charakter, der mir verschlossen blieb, was aber angesichts der weiteren Handlung überhaupt nicht negativ ins Gewicht fällt.
Im weiteren Verlauf der Handlung befinden wir uns auf einem Dampfer auf dem Weg nach Buenos Aires. Der Ich-Erzähler möchte gerne mit dem Schachweltmeister Czentovic sprechen, der ebenfalls an Bord ist. Doch dieser ist sehr zurückgezogen, man kommt nicht an ihn heran. Durch den Anreiz eines Geldpreises gelingt es dem reichen McConnor eine Partie zu arrangieren. Der Erzähler ist hocherfreut, so hofft er doch noch zu seinem ersehnten Gespräch zu kommen, bei der Partie der Reisenden gegen den Meister.
Als Dr B sich später an einem Spiel beteiligt wird klar, dass hier ein echter Gegner aufgetaucht ist. Ein Gegner, der dann bald eine sehr tragische Lebensgeschichte offenbaren wird, die den Erzähler in ihren Bann ziehen wird.
Alles weitere sollte man sich selbst erlesen, da ansonsten der Reiz dieses Werkes verloren geht, und das möchte ich mit meiner Einschätzung nicht erreichen. Nur soviel, es lohnt sich, es wird wohl kaum jemanden geben, der sich ab da noch entziehen kann.

Die Kritik, die im letzten Abschnittdeutlich wird, kam für mich überraschend. Die Wendung, die aus diesem harmlosen Spiel, die Einleitung zu den Erlebnissen des Dr B werden lässt, sind wirklich sehr brillant konzipiert.Der Fokus des gesamten Inhalts verschiebt sich nach kurzer Zeit, so dass aus der Geschichte des Pflegekindes plötzlich ein tragisches Stück Zeitgeschichte wird, welches den armen Dr B tief verstört zurück gelassen hat.

Für mich ist die Novelle spannend und erschütternd gewesen, aber ich werde sie sicherlich noch häufiger lesen. Obendrein ein zeitloses Stück wie ich finde, das zurecht bis heute viele Anhänger finden konnte.