Als der Rechtsanwalt Dr. B. eine Reise auf einem Passagierdampfer antritt, ahnt er nicht, dass sich der bekannte Schachweltmeister Mirko Czentovic ebenfalls an Bord befindet. Fasziniert von diesem Genie bittet Dr. B.um ein Duell. Dabei werden traumatische Erinnerungen in ihm wachgerufen, denn das »Spiel der Könige« erlernte er einst als Gefangener der Gestapo. Im Duell gegen Czentovic prallen nun nicht nur zwei unterschiedliche Spielideen aufeinander, sondern auch zwei Lebenswelten ...
Die »Schachnovelle« ist Stefan Zweigs letztes und wohl bekanntestes Werk, das nur ein Jahr vor seinem Freitod entstanden ist.Kaufen
Kaufen >
Es gibt Löcher in meinem Leserepertoire, die nicht weiter auffallen, aber dennoch peinlich sind. Deshalb ist es gut, diese Lücken von Zeit zu Zeit zu stopfen, umso mehr, wenn diese Aufgabe so schnell und leicht zu erfüllen ist.
Stefan Zweigs Schachnovelle ist so ein Büchlein, ein dünnes Werk, eben eine Novelle, die es mit ihrem Titel geschafft hat, unerkannt an meinem Radar vorbeizufliegen. Ich beherrsche kaum die Grundzüge des Schachs, ist es da verwunderlich, dass es bisher kein Interesse weckte?
Die Penguin Neuauflage und eine motivierende Mitleserschaft haben ihr Bestes gegeben und mir einen äußerst bemerkenswerten Blick in Zweigs Welt eröffnet.
Anfänglich fesselte mich die Beschreibung des Schachgenies Mirko Czentovic, der sich auf dem gleichen Dampfer von New York nach Buenso Aires befindet, wie der neugierige Ich-Erzähler, der diesen scheinbaren Idiot-Savant bei einer Schachpartie studieren will.
Das erste Drittel konzentriert sich auf diesen exzentrischen, schwierigen Menschen, bis sich bei dem endlich eingefädelten Spiel eine weitere Person dazugesellt, Dr. B., die quasi im Vorbeigehen den Herausforderern die entscheidenden Tipps für ein Schachmatt gegen den Weltmeister gibt.
Neugierig geworden, heftet sich der Ich-Erzähler an ihre Fersen. Dr. B. erzählt ihm seine Geschichte und schon steckt man tief drin, in den Machtspielchen und Pervertionen des Nazi-Regimes unmittelbar vor Kriegsbeginn. Eine leise, unauffällige Form der Folter und Qual bekommt hier, neben all der bekannten Greul des Dritten Reichs, im präzisen Ablauf der psychischen Vorgänge in Isolationshaft, ihren geschuldeten Raum. Dr. B. war diesem Tun ausgesetzt und seine Rettung, sein Versinken in die Verrücktheit und seiner Wiederauferstehung, hatte er allein dem Imaginieren des Schachspiels gegen sich selbst zu verdanken. Fortan aber bleibt das Spiel der Könige ein toxisches für ihn, was sich auch in seiner Wesensveränderung an Bord widerspiegelt.
Zweigs geschliffene Wortwahl und interessante Wegführung durch die Geschichte, macht sie zu einer spannenden, aber auch tief anrührenden Erzählung.
Die exakte Beobachtung der Wesenszüge, erst Mirko Czentovics, dann Dr. B.s, geben der Novelle psyochologischen Tiefgang und die umfassenden Veränderungen der Menschen durch Krieg und Folter wieder. Gleichzeitig lässt er mit diesen beiden Protagonisten zwei Welten aufeinanderstoßen, die ein starkes Symbol der Umwälzungen nach dem Krieg andeuten.
Lesern von "Schachnovelle: Penguin Edition" gefiel auch...
Mittwoch ist ein Tag zum...
von: Virginie Grimaldi
Der Tätowierer von...
von: Heather Morris
Die Leuchtturmwärter: Roman
von: Emma Stonex