Rezension Rezension (5/5*) zu Offene See von Benjamin Myers

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.245
18.657
49
48
Poetisches Meisterwerk

So wie es Lieder ohne Worte gibt, so ist Lyrik Worte ohne Noten. – Erhard Blanck

Es gibt sie noch: die Bücher, deren poetische Sprache mich mitreißt in eine See der Poesie. So geschehen bei Benjamin Myers´ Roman „Offene See“.

Dabei war die Welle der Begeisterung zunächst relativ flach. Vergleichbar mit der flachen Brandung an einem geschützten Strand. Denn es braucht seine Zeit, bis man „ankommt“ bei Dulcie Piper und ihrem Sinn für das Leben, das so ganz anders verläuft, als man es gemeinhin annimmt, wie es 1946 im Nachkriegsengland gewesen sein muss.

Wenn man als Leser dann aber mit dem 16-jährigen Robert bei Dulcie und ihrem Hund Butler eintrifft und die ersten spitzen Bemerkungen über Dulcie´s Lippen kommen – ja, dann wird die Strömung und die Brandung stärker und man kann sich dem Sog der offenen See nicht mehr entziehen. Die geneigte Leserschaft wird mitgerissen von Dulcie´s Weisheit, von ihrem Sinn für ein unkonventionelles, autarkes L E B E N, von ihrem Wunsch, die Welt verändern, ja – verbessern zu wollen.

Und Robert, der sich am Anfang noch sicher ist, ein Leben zu führen, dass genauso abläuft wie das seines Vaters und seines Opas? Er fasst Vertrauen zu Dulcie, bringt sie mit seinen naiven Fragen „um den Verstand“ und erkennt im Laufe der Zeit die Wahrheit und Schönheit der Worte in den Lyrikbänden von Dulcie – und revanchiert sich auf seine ganz eigene Art und Weise bei ihr.

Das ganze Buch strotzt vor Poesie, vor Lyrik, vor Schönheit – es ist ein besonderer Schatz, den der Autor Benjamin Myers hier seinen Leserinnen und Lesern präsentiert. Hervorzuheben ist jedoch auch die Arbeit der Übersetzer Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.

„Offene See“ sei hiermit allen ans Herz gelegt, die sich gerne poetischen Worten und Lyrik hingeben.

5* und absolute Leseempfehlung!

©kingofmusic