Rezension Rezension (5/5*) zu Middlemarch von George Eliot.

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Middlemarch von George Eliot
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Auf jeden Fall ein Klassiker

Auf jeden Fall ein Klassiker

Die Provinz Middlemarch, Anfang des 19. Jahrhunderts, ist der Schauplatz der Charaktere mit denen George Eliot eine eigene Welt erschaffen hat. Das zentrale Thema dieses Romans ist die teilweise schwierige Selbstfindung der Frauen, die in einer von Männern dominierten Welt einen eigenen Weg suchen.
George Eliot, die ihren Roman um 1872 geschrieben hat, bietet dem Leser einen interessanten Blick auf die damalige Gesellschaft. Sie durchleuchtet dabei vor allem die Stellung der Frauen zur damaligen Zeit in den gehobenen Kreisen im fiktiven Middlemarch. Sie zeichnet die Charaktere klar heraus, und lässt den Leser am Leben derer teilhaben. Sie beschreibt gekonnt die Charaktereigenschaften der handelnden Personen und skizziert das Leben in allen Facetten. Der Fokus liegt häufig auf der Wahl des zukünftigen Lebenspartners, hier wurde mir bewusst wie grundsätzlich anders es damals von statten ging. Teilweise war ich beeindruckt von den Ansichten der Autorin, die ich nicht immer so erwartet habe. Sie lässt klar erkennen, dass sie sich für die Rechte der Frauen stark machen möchte.

Die Frauen des Romans sind sehr unterschiedlich. Da ist zum Beispiel Dorothea Brooke, die sehr idealistisch eingestellt ist. Sie saugt Wissen auf wie ein Schwamm, kann und will sich ihrem zukünftigen Mann Casaubon, komplett zur Verfügung stellen, um ihm bei seinen schriftlichen Ausarbeitungen zu helfen. Die Wahl des Ehemannes, der um vielfaches älter ist als sie, bereut sie allerdings bereits nach kurzer Zeit. Der junge Will Ladislaw verehrt Dorothea, sehr zum Missfallen ihres Gatten, der sehr unfair agiert.
Der Arzt Lydgate, der erst seit kurzem in Middlemarch wohnt, versucht das Gesundheitssystem zu revolutionieren, er bringt frischen Wind ins Städtchen, das heißt er versucht es, stößt aber bei der eingesessenen Truppe eher auf Widerstand. Rosamond Vichy hat ein Auge auf den Arzt geworfen, sehr zum Leidwesen vieler anderer heiratsfähigen Männer, die die hübsche junge Frau gern ehelichen würden.
Rosamonds Bruder Fred ist ein Mensch, der immer davon ausgeht, dass sich Unheil abwenden lässt. Er lässt sich auf Schulden ein, in der Hoffnung auf ein Erbe. Seine Liebe zu Mary Garth gefährdet er mit seiner Lebensphilosophie.
Dies ist nur eine Handvoll der wichtigen Personen aus Middlemarch, auf alle näher einzugehen würde sicher den Rahmen einer Rezension sprengen.
Ich kann nur soviel sagen, dass der Roman mir gut gefallen hat. Ich empfand es sehr spannend von der Autorin über das Leben der Menschen in Middlemarch zu erfahren. Allerdings habe ich sehr lange gebraucht, da der Schreibstil gerade zu Beginn sehr gewöhnungsbedürftig ist, es gehört eine Menge Konzentration beim lesen dazu.
Gefallen hat mir besonders gut, dass George Elliot sich selbst einbringt, ein Stilmittel, das mich erst erstaunt, später begeistert hat. Der Roman, der sich auf acht Teile aufteilt, ist sehr umfassend, dennoch ist genug Stoff für dieses fast 1200 Seiten starke Buch vorhanden. Es hat mich einige Wochen begleitet, und nun fehlt mir abends meine Lektüre, die mich in Middlemarch eintauchen lässt sehr.