Rezension Rezension (5/5*) zu Maschinen wie ich von Ian McEwan.

Mamskit

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6. November 2016
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Buchinformationen und Rezensionen zu Maschinen wie ich von Ian McEwan
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Maschine oder - besserer - Mensch?

Charlie ist ein junger Mann, der sich im Leben noch nie sonderlich beweisen musste. Er hat das Familienerbe mit mehr oder weniger sinnlosen Investments durchgebracht und verdient seinen Lebensunterhalt mit privaten Börsenspekulationen. Den letzten Rest seines Erbes investiert er in einen neu entwickelten, in limitierter Auflage produzierten Androiden, Adam.
Ungefähr zum Zeitpunkt der Lieferung Adams beginnt auch die Lebesbeziehung zwischen Charlie und der im selben Haus wohnenden Miranda. Von Beginn an ist Adam ihr gemeinsames Projekt, jeder bestimmt bei Inbetriebnahme jeweils zur Hälfte die Charaktereigenschaften des Androiden.
Adam erwacht zum "Leben" (?)und Konflikte sind im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert, denn der Roboter glaubt (?), sich ebenfalls in Miranda verliebt zu haben.

Dies ist wieder einmal ein eindrucksvoller, großartig durchdachter Roman des Autors.

Obgleich in der Vergangenheit, einer fortschrittlicheren Variante der 80er Jahre, spielend, wirft der Roman grundlegende aktuelle Fragen auf: wie weit ist künstliche Intelligenz beherrschbar? Wozu führt die unbegrenzte Lernfähigkeit einer künstlichen Intelligenz? Was passiert, wenn die KI dem Menschen ebenbürtig oder überlegen wird?
Immer wieder bekommt der Leser den Eindruck, dass die Maschinen in diesem Roman den Menschen emotional und ethisch weit voraus sind.

Adam und die anderen Androiden drohen daran zu scheitern, dass die ihnen einprogrammierten Ethikgrundsätze mit der Lebenswelt , mit welcher sie konfrontiert werden, nicht kompatibel sind. Ihren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit, die auf dem Bild einer perfekten Gesellschaft basieren, kann die Realität nicht gerecht werden.
Dies hat tragische Konsequenzen.

Adam behauptet, sich in Miranda verliebt zu haben. Da er "nur" eine Maschine ist, dürfte dies nicht möglich sein, ist also alles nur eine unvorhergesehene Folge der Verknüpfung seiner Programmierung mit der ihm zugesprochenen Charakterauswahl? Wenn aber ein Wesen, egal ob Mensch, Tier oder Maschine, derlei Emotionen durchlebt, gleich ob künstlich hervorgerufen, hormonell bedingt oder aus den Tiefen seiner Seele hervorgeholt, dann fühlt es doch und der Unterschied zwischen Mensch und Maschine ist nur noch konstruktionsbedingt.
Hieraus resultiert nun die Frage, ob der Mensch ab einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt noch das Recht hat, über die erschaffene "Maschine" nach Belieben zu verfügen, oder ob es sich hier um eine moderne Form der Sklaverei handelt.

Der Verantwortung für dieses neuartige Leben wird in dem Roman keiner gerecht, diese Überforderung führt am Ende dazu, dass niemand unbeschadet aus der Situation hervorgeht.

Immer wieder spielt der Autor mit der Frage, wer in diesem Roman die Maschine und wer der Mensch ist. Das ist durchweg spannend, emotional und hier und da auch sehr komisch. Sprachlich ist der Roman - wie bisher jedes Buch, das ich von dem Autor gelesen habe - ein Fest.


 

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