Rezension (5/5*) zu Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker: Eine Online-Omi sagt, wie's ist von Re

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Buchinformationen und Rezensionen zu Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker von Renate Bergmann
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Urige Geschichten von der Online-Omi

Renate Bergmann ist 82, vierfach verwitwete Rentnerin aus Berlin und außerordentlich agil. Um sie besser erreichen zu können, schenkt ihr ihr Neffe Stefan sein altes Telefon, und damit betritt Renate die Welt des Internetz.
Unterhaltsam und humorvoll erzählt die rüstige Dame davon wie's früher mal war, an welche Prinzipien aus der Vergangenheit sie sich eisern hält, und wo sie gerne von den Bequemlichkeiten der modernen Zeit profitiert.

Seit mir Renate Bergmann zum ersten Mal in der Onleihe über den Weg gelaufen ist, bin ich von der patenten Berlinerin total begeistert. Mit Witz und Charme erzählt sie von ihren vier verstorbenen Ehemännern, ihrer exzentrischen Tochter, ihrem Neffen, von Freunden, Bekannten und Nachbarn. Gekonnt verknüpft die Online-Omi die Vergangenheit mit der Gegenwart und gibt so ihre gewonnenen Lebensweisheiten an ihre Hörer weiter.
In vielen Bereichen des täglichen Lebens, beim Putzen, Kochen und Einkaufen dürfen wir Renate über die Schulter schauen und an ihren Erfahrungen teilhaben. Wir begleiten sie auf ihren Wegen kreuz und quer durch Berlin, auf die Friedhöfe, zu Seniorenveranstaltungen und Kaffeefahrten. Vormachen lässt sie sich nichts, und wer meint, das alte Mädchen über den Tisch ziehen zu können, bekommt ihre scharfe Zunge zu spüren. Trotz ihrer selbstsicheren Art plagen sie hin und wieder auch Ängste und Zweifel. Düsteren Gedanken tritt sie mit ihrer optimistischen Einstellung jedoch forsch entgegen. Fürs Jammern hat die rüstige Rentnerin nichts übrig. Sie hat noch harte Zeiten erlebt, und weiß, dass man Schicksalsschlägen am besten mit einem Korn in der Hand begegnet.
Stundenlang könnte ich der Online-Omi zuhören, wenn sie aus ihrem Leben und von den Abenteuern erzählt, die sie mit ihren ältesten Freunden erlebt. Gerne kommt sie vom Hundertsten ins Tausendste, schweift ab in die Bräuteschule, in der ihr das Grundlegende der Haushaltsführung beigebracht wurde, um gleich darauf von ihren neuesten Internet-Einkäufen zu schwärmen. Keine Sekunde Langeweile kommt auf, wenn Renate ins Schwadronieren gerät, und im Nu sind die knapp 4 Hörstunden vorüber.
Marie Gruber liest ganz hervorragend, mit einer Stimme, die nicht besser zur resoluten 82jährigen passen könnte. Ihre Intonation bringt aber auch die verschmitzte, empörte, ängstliche oder zaudernde Seite der Renate Bergmann ganz hervorragend zum Ausdruck.
Nicht genug wundern kann man sich aber auch über die Empathie, mit der der 1974 geborene Torsten Rohde seine Online-Omi geschaffen hat. Er muss über eine sehr feine Beobachtungsgabe und großes Einfühlungsvermögen verfügen, um die charakterlichen Eigenheiten seiner Verwandtschaft in der Figur der Renate Bergmann zu einer derart sympathischen Protagonistin zu vereinen.