Rezension Rezension (5/5*) zu heimelig: Warum Nelly aus dem Altersheim spazierte und nie mehr wiederkam von .

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
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Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Die Seniorensammelstelle

Nelly ist 77, immer noch neugierig auf das Leben und fit. Warum wählt sie eine Seniorenresidenz? Weil ihre umtriebige, alles optimierende Tochter Trudi nach dem Tod des Vaters das alte Elternaus abreißen liess und ein neues Familienhaus baute. Auch für die Mutter würde sich doch in einer Einliegerwohnung Platz finden.

Doch Nelly behagt das nicht, abhängig möchte sie nicht werden, dann lieber ein Heim. Wo es doch ganz neu ist und den Namen „Heimelig“ trägt. Aber der Schein trügt. Nicht umsonst treibt seit einiger Zeit ein Poltergeist sein Unwesen und setzt auf jedem Schild ein „Un“ vor den Namen. Es ist der alltägliche Frust mit zu wenig Personal und zu engen Zeitplänen. Mit der Massentauglichkeit, die keinen Platz für individuelle Wünsche lässt. Es sind Kleinigkeiten die Nelly stören. So wird nach einem kurzen Anklopfen immer sofort die Tür geöffnet, eigentlich eine Unhöflichkeit. Die Küche ist altersgerecht, aber warum muss sie deshalb geschmacksarm und weich verkocht sein?

Aber Nelly muckt auf. Nicht nur, dass sie beschließt sich mit kleinen Tagesausflügen ihre Zeit zu vertreiben, sie wird auch zur Protokollantin der Beschwerden. Sie wollen der Direktorin Meier nicht das Leben schwermachen, aber sie auch nicht einfach unterbuttern lassen. Ja, mit Nelly kommt Trubel in das Heim.

Dieser Roman ist dem Leben abgelauscht. Die meisten älteren Leser werden Erfahrungen mit dem Umgang ihrer Eltern und Großeltern haben, sie werden vielleicht auch das eine oder andere Altenheim kennen. Vielleicht auch mit Grauen an die Zukunft denken, wenn sie selbst vielleicht einmal in einem solchen „Mumienspeicher und Runzelsilo“ – wie die Insassen ihr Haus mit Selbstironie nennen – leben müssen.

Es wird viel gelacht in diesem Buch, Frau Imboden hat eine ganze Menge komische und witzige Einfälle verarbeitet, die dabei ganz realistisch sind. Es wird aber auch geweint – denn Trauer und Tod kann man nicht ausblenden. Ich muss gestehen, auch ich habe ein-zwei Tränchen verdrücken müssen.

Mir hat das Buch großen Spaß gemacht und trotzdem auch einen realistischen Blick auf das Alter ermöglicht und für die Situation in Altenheimen sensibilisiert. Das ist ein großer Verdienst der Autorin, die ihre Erfahrungen gründliche Recherche eingebracht hat.



 
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