Ein wohlsituierter New Yorker Geschäftsmann stürzt urplötzlich in eine mentale Krise. Um zu gesunden, so spürt er, muss er seinen von grauem Erfolg geprägten Alltag hinter sich lassen, und kurzerhand tritt er eine Schiffsreise an. Kaum auf See, stellt sich die erhoffte Erleichterung tatsächlich ein, doch dann ... macht er einen einzigen falschen Schritt und landet mitten im Pazifik, während sein Schiff sich immer weiter von ihm entfernt. Was denkt ein Mensch in solch einer Situation? Woraus schöpft er Hoffnung? Und wie blickt er nun auf sein Leben, dessen er vor Kurzem noch so überdrüssig war? Mit Gentleman über Bord gelang Herbert Clyde Lewis ein tiefgründiges, genial komponiertes Meisterwerk, das fast ein Jahrhundert lang weitgehend unbeachtet blieb und in der vorzüglichen Übersetzung von Klaus Bonn jetzt endlich auf Deutsch vorliegt.Kaufen
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„[…] Er schaute zum Himmel. Der war so groß wie der Mut eines Mannes, und das Meer dehnte sich weiter aus als seine Hoffnungen.“ (S. 61)
Das ist nur einer von vielen wunderbaren Sätzen aus „Gentleman über Bord“ (erstmals erschienen 1937) von Herbert Clyde Lewis, ein in meinen Augen völlig zu Unrecht vergessener Autor, der aber jetzt dank des mare-Verlags in einer wunderschönen Ausgabe in der Übersetzung von Klaus Bonn und einem Nachwort von Jochen Schimmang zu hoffentlich neuen und verdienten Ehren gelangt.
Henry Preston Standish ist ein erfolgreicher New Yorker Geschäftsmann mit Frau und Kindern. Das schützt ihn jedoch nicht davor, urplötzlich in eine mentale Krise (heute würde man Burn-Out dazu sagen) zu stürzen und eine Auszeit zu nehmen. Auf einem Frachter mit insgesamt 9 Passagieren passiert das Unglaubliche: ein falscher Tritt – und unser (tragischer) Held landet kopfüber im Pazifik.
Auf den folgenden gut 160 Seiten werden die Leserinnen und Leser mitgenommen auf einen wilden Parcours aus Hoffen und Bangen, Lachen und Weinen, dem (kritischen) Blick auf die amerikanische Gesellschaft der 1930er-Jahre und – so kurios sich das jetzt anhören wird – aus slapstickartigen und urkomischen Passagen.
Was geht einem Mann, der mutterseelenallein im Pazifik schwimmt durch den Kopf? Hadert er mit seinem Schicksal? Nimmt er es von Gott gegeben hin? Was denken die anderen Passagiere und die Schiffscrew? Das alles zeigt uns Herbert Clyde Lewis in für die Situation nicht unbedingt passend erscheinender lyrisch-poetischer Sprache, die jedoch trotzdem wie der Deckel auf den Topf passt und so die tragische Situation „erträglich“ macht.
Ich will mich bzw. euch gar nicht länger mit weiteren Einzelheiten aufhalten. Stattdessen geht ein Appell an alle raus, die an hochwertig gestalteten Büchern (die jeden einzelnen Cent wert sind!) und tollen Geschichten interessiert sind: kauft und lest dieses Buch und drückt die Daumen, dass auch das restliche (überschaubare) Werk von Herbert Clyde Lewis ins Deutsche übertragen wird.
Eine wunderbare Wiederentdeckung und damit nichts Anderes als (mindestens) 5* wert.
©kingofmusic
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