Baldwins explizitester, leidenschaftlichster Roman
Warum hat Rufus Scott – ein begnadeter schwarzer Jazzer aus Harlem – sich das Leben genommen? Wegen seiner Amour fou mit der weißen Leona, einer Liebe, die nicht sein durfte? Verzweifelt sucht Rufus’ Schwester Ida nach einer Erklärung. Aber sie findet nur Wahrheiten, die neue Wunden schlagen, – auch über sich selbst. Wie ihr Bruder war Ida lange bereit, sich selbst zu verleugnen, um ihren Traum zu verwirklichen, den Traum, Sängerin zu werden. Wie ihr Bruder hat sie ihre Wut auf die Weißen, die sie diskriminieren. Bis jetzt. Baldwin verwickelt uns in ein gefährliches Spiel von Liebe und Hass – vor der Kulisse eines Amerikas, das sich selbst in Trümmer legt.Kaufen
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„Die Hoffnung muss jeden Tag neu erfunden werden.“ (James Baldwin)
Mit „Ein anderes Land“ habe ich vor kurzem bereits meinen dritten Roman von James Baldwin gelesen. Und wieder hat er es geschafft, mich mit seinem kritischen Blick auf die weiße Gesellschaft bzw. den allgegenwärtigen Rassismus im New York der 1960er Jahre zu packen, zu faszinieren. So viel als Fazit vorab.
Was bringt einen (durchaus) erfolgreichen schwarzen Jazzmusiker dazu, seinem Leben freiwillig ein Ende zu bereiten? Von dieser Frage ausgehend (und nach etwa einem Viertel der gut 570 Seiten) tritt Rufus, den die Leserschaft durch seine letzten Stunden bis hin zu seinem Selbstmord begleitet, in den Hintergrund.
Stattdessen lernen wir nach und nach seinen Freundeskreis kennen, der zu einem Großteil aus Weißen besteht und begleiten sie durch die Zeit der Trauer und darüber hinaus. Baldwin gewährt den Leserinnen und Lesern dabei einen tiefen Blick in die Gefühlswelt von Menschen, die zwischen Verzweiflung, Hingabe und Liebe ihren „Platz“ suchen. Das gelingt ihm mit einer grandiosen Mischung aus Harlem-Slang (zart besaitet sollte die geneigte Leserschaft nicht sein) und poetisch-philosophischen Passagen. Natürlich erfahren wir auch wieder viel über den vorherrschenden und mürbemachenden Alltagsrassismus, (dem (nicht nur) die Schwarzen ausgesetzt waren und sind, sondern auch queere Menschen) der leider – wenn man sich die Entwicklungen der letzten Jahre vor Augen führt – nichts von seiner menschenverachtenden Durchschlagskraft verloren hat.
Dazwischen gibt es immer wieder Auszüge aus oder zumindest die Erwähnung von Jazz- und Bluesstandards, was mich als Hörer dieser Musikrichtungen dazu animiert hat, eben jene Songs in einer Playlist zusammenzustellen (wer Interesse hat, melde sich *g*).
Mich hat Baldwin (wieder einmal) überzeugen können und ich zücke deshalb nicht weniger als 5* und gebe eine glasklare Leseempfehlung aus.
©kingofmusic
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