Rezension Rezension (5/5*) zu Dieses entsetzliche Glück: Roman von Annette Mingels.

Renie

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19. Mai 2014
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renies-lesetagebuch.blogspot.de
Faszinierend alltäglich

Das Städtchen Holbrook, befindet sich in den USA, könnte in New York, Massachusetts, Arizona oder sonst wo liegen, könnte aber auch fiktiv sein. Was soll's? Viel interessanter ist, dass dieser Ort eine wichtige Rolle in Annette Mingels Buch "Dieses entsetzliche Glück" spielt, ist er doch das wesentliche Bindeglied zwischen unterschiedlichen Geschichten und unzähligen Protagonisten dieses Romans, der auch als Sammlung von Kurzgeschichten durchgehen könnte.
Dabei konzentrieren sich diese Geschichten auf das Gefühlsleben der Charaktere. Es sind Menschen, die auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück sind. Dabei haben sie mit Sorgen und Nöten zu kämpfen, die ihnen bei dieser Suche im Wege stehen. Ihre Sehnsüchte und Wünsche sind dabei nicht außergewöhnlich und unterscheiden sie nicht von denen anderer. Es sind also Menschen wie du und ich.
Gerade diese Alltäglichkeit bewirkt, dass man als Leser sehr dicht an den Charakteren und ihren Problemen dran ist.
Die Geschichten in diesem Roman durchzieht dabei eine wohltuende Melancholie, die mit der Stimmungslage der Protagonisten sowie ihren Sorgen und Nöten eine harmonische Einheit bildet.

Zunächst lässt sich kein Zusammenhang zwischen den einzelnen Personen erkennen. Sie kommen und gehen, hinterlassen mit ihren Geschichten beim Leser mal mehr, mal weniger Eindruck. Es ist schwierig, sich die Namen der Charaktere zu merken. Erst nach und nach zeichnen sich Verbindungen ab. Die loseste Verbindung ist dabei Holbrook, denn alle Protagonisten leben in diesem Ort oder haben hier gelebt. Die engsten Verbindungen sind Verwandschaften. Dazwischen können Bekanntschaften, Freundschaften oder der Beruf eine Verbindung zwischen den einzelnen Personen herstellen.

Eine Besonderheit dieses Romans ist sicherlich der Perspektivwechsel. Jedes Kapitel und somit jede Geschichte wird aus der Sicht eines Protagonisten erzählt. Hinzu kommt eine Verschiebung der Wahrnehmung. Lernt man die Protagonisten zunächst aus der, ihnen eigenen Sichtweise kennen, begegnet man ihnen an späterer Stelle aus der Sicht eines weiteren Protagonisten wieder, das kann als Nebendarsteller in einem anderen Kapitel sein oder auch als Gesprächsgegenstand anderer. Man wird als Leser feststellen, dass Eindrücke, die man sich von einem Protagonisten geschaffen hat, an späterer Stelle wieder revidiert werden müssen. Denn selten stimmen die Selbstwahrnehmung eines Protagonisten mit demjenigen Bild überein, das andere von ihm haben. Wie im echten Leben!

Fazit:
Die Kombination aus "Alltäglichen Geschichten, die das Leben schreibt" sowie die wohltuende Melancholie als tragende Stimmung dieses Romans, haben bei mir für Tiefenentspannung beim Lesen gesorgt. Ich konnte herrlich von meinem Alltag abschalten.

Leseempfehlung!


© Renie