Rezension Rezension (5/5*) zu Die Vertreibung aus der Hölle: Roman (suhrkamp taschenbuch) von Robert Menasse.

Matzbach

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31. Januar 2020
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OWL
Buchinformationen und Rezensionen zu Die Vertreibung aus der Hölle von Robert Menasse
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Einfach nur faszinierend

Selten hat mich ein Roman mehr überrascht und vor allem begeistert. Eher zufällig bin ich auf dieses Buch gestoßen, als ich nach dem Roman "Vienna" von Menasses Schwester Eva gesucht habe.

Robert Menasse verknüpft in diesem Roman auf 485 Steiten die Lebensgeschichte Viktor Abravanels (seinem alter ego?) mit der seines jüdischen Vorfahren Samuel Menasseh, einem aus Portugal stammenden Amsterdamer Rabbi. Der Titel macht deutlich, dass die Flucht (=Vertreibung) aus dem damals zu Spanien gehörenden Portugal (= Heimat, die sich zur Hölle entwickelte) die einzige Chance des Überlebens der Marranen (zwangsgetaufter Juden und ihrer Abkömmlinge) war. Der religiöse Wahn der Inquisition erfasste selbst solche, deren Familien seit mehreren Generationen christlich waren, im Falle einer Nebenfigur selbst einen katholischen Priester. Die zweite Vertreibung bezieht sich auf Viktors Vater, der mit dem letzten Kinderzug nach Großbritannien der nationalsozialistischen Verfolgung entging. Nach seiner Rückkehr setzt der Vater alles daran, bloß nicht aufzufallen, weshalb er seinen Sohn in ein jesuitisches Internat gibt, eine Parallele zu Samuel, der nach der Inhaftierung seiner Eltern durch die Inquisition in ein solches gelangte.

Viktors Weg durchs Internat und durch sein Studium in den frühen 70ern ist geprägt durch eine Sinnsuche, die aber letzlich erfolglos bleiben wird, weil er immer ein Außenseiter bleiben muss.

Die beiden ineinander gewobenen Geschichten werden von Menasse mit einer beeindruckenden Sprachgewalt erzählt, wobei auch bisweilen Ironie und Sarkasmus hervorscheinen.

Eigentlich sind mir fünf Sterne für dieses Buch zu wenig.

 
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