Rezension Rezension (5/5*) zu Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry von Rachel Joyce

parden

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13. April 2014
5.857
7.739
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Ein Berg Einsamkeit...

Harold Fry, seit kurzem pensioniert, lebt seine Tage eintönig mit seiner Frau Maureen in einem kleinen Haus in Südengland. Nach vielen Ehejahren haben sie sich nicht mehr viel zu sagen, und alles verläuft in ewig gleicher Routine.
Ein Brief in einem blassrosa Umschlag ändert jedoch alles. Eine alte Kollegin von Harold schreibt ihm, um sich von ihm zu verabschieden. Sie hat Krebs im Endstadium und dankt ihm auf diese Weise nach all den Jahren für seine Freundschaft. Seine Antwort fällt kurz aus, und rasch will er sie zum Briefkasten bringen. Zu seinem eigenen Erstaunen jedoch läuft er am Briefkasten vorbei, auch am nächsten und übernächsten...

Ehe er es sich versieht, ist Harold mit nichts anderem als seiner Brieftasche, einer leichten Jacke und Segelschuhen an den Füßen unterwegs durch ganz England. Ziel ist das Hospiz ganz im Norden Englands, in dem die Sterbende liegt, und die er darum bittet, auf ihn zu warten, bis er da ist.
Doch schnell stellt sich heraus, dass der Weg selbst das eigentliche Ziel ist. Im Rhythmus seiner Schritte kommen Harold Erinnerungen hoch - an seine Kindheit, seine frühe Ehe, den Sohn David. Und deutlich wird ihm, wie einsam er immer schon gelebt hat, und dass die letzten Jahre den Berg an Einsamkeit so sehr vergrößert haben, dass er sich vorkommt wie losgelöst im Universum. Teil des Ganzen und doch auch wieder nicht...

Doch nicht nur bei Harold verändert sich allmählich etwas. Auch seine Frau Maureen löst sich aus der jahrelangen Starre und wird sich vieler Dinge bewusst.
Und so, wie diese Geschichte zeitweise durchaus an den bekannten Film "Forrest Gump" erinnert, kann man mit "Der kleine Prinz" auch bei diesem Roman behaupten, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist...

Ein berührendes, nachdenklichmachendes Buch, das die Besonderheit eines jeden Lebens herausstreicht und deutlich macht, dass bis zum letzten Atemzug nichts zu spät ist.
Der Harold in mir fühlt die Last der Einsamkeit, doch das Lachen und die Hoffnung gehen damit Hand in Hand...

Beeindruckend und aufgenommen in den Kreis meiner Favoriten.


© Parden