Rezension Rezension (5/5*) zu Die Oleanderfrauen: Roman von Teresa Simon.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Oleanderfrauen: Roman von Teresa Simon
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Familienschicksal

Sophie Terhoven wächst behütet in Hamburg auf. Seit Kindheitstagen verbindet sie eine enge Freundschaft mit Hannes, dem Sohn der Köchin. Doch allmählich wandelt sich diese Kinderfreundschaft zu einer tiefen, ersten Liebe. Doch für eine Tochter des bekannten und reichen Kaffeehändlers Terhoven ist eine solche Verbindung ausgeschlossen.
Hamburg in den 30iger Jahren. Die Nationalsozialisten sind in allen Gesellschaftsschichten angekommen, die jüdischen Mitbürger spüren immer mehr die Ausgrenzung und Repressalien. Auch Malte Voss, Sophies Schulkamerad und echter Freund spürt die „neue Zeit“. Durch seine körperliche Behinderung und seine Homosexualität steht er gleich zweifach im Fokus der Nazis.
Eingetaucht in die Geschichte konnte ich mich nicht mehr losreißen. Ich habe mit den Figuren gelebt, geliebt und gelitten. Das alte Hamburg in den Vorkriegs-und Kriegsjahren bis hin zum vernichteten Feuersturm ist mir lebhaft vor Augen erstanden. Das Leid der Menschen wird realistisch und berührend geschildert, das hat mich emotional richtig durchgeschüttelt.
Hamburg in der Gegenwart, der jungen Café-Besitzerin Jule fällt das Tagebuch Sophies in die Hände, geschrieben von 1936 - 1943. Angerührt von den Zeilen, versucht sie die Lebensspuren der Familie Terhoven zu finden.
Das bildet die Rahmenhandlung und Klammer dieses wunderbaren Familienromans. Die zwei Zeitebenen ergänzen sich und geben dem Buch eine ganz besondere Spannung. Für mich waren Jules Erlebnisse in ihrem Café, ihre Nöte, Sorgen und Erfolge immer auch eine kleine Erholung von der emotionalen Achterbahnfahrt, die die geschichtlichen Ereignisse in mir ausgelöst haben.
In diesem Buch passt alles, die Figuren sind mir dabei sehr nahe gekommen, ob in Zuneigung oder Abneigung. Selten habe ich mich so in eine Geschichte hineinziehen lassen. Sicher liegt es auch an der gekonnten geschichtlichen Darstellung, so lebendig und menschennah findet man die Gräuel der Kriegsjahre in keinem Geschichtsbuch. Es ist dabei so spannend erzählt, dass ich um mich herum alles vergessen habe – aber warum weiter davon erzählen: unbedingt selber lesen!