Rezension Rezension (5/5*) zu Die Liebe im Ernstfall von Daniela Krien.

MRO1975

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11. August 2018
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Gibt es einen Schlüssel zum Glück?


Kurz zusammengefasst: Fünf Frauen = Fünf Lebensentwürfe = Fünf Antworten auf die Frage nach dem Glück

Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde haben unterschiedliche Ansprüche an das Leben und leben demgemäß fünf unterschiedliche Lebensentwürfe. Ob sie glücklich sind? Der Antwort darauf ist jeweils ein Kapitel für jede Frau gewidmet.

Paula ist Buchhändlerin und in einer Beziehung mit Wenzel. In Rückblenden wird erzählt, dass ihre erste Ehe mit Ludger schwierig war. Nachdem die anfängliche Verliebtheit abgeebbt war, kamen die Differenzen zum Vorschein. Das Paar hatte unterschiedliche Vorstellungen von einem gemütlichen Heim, umweltbewusster Lebensweise und der Sorge um ihre beiden Töchter. Paula, die sich zu Anfang um der Harmonie Willen angepasst hat, rebelliert irgendwann. Ein persönlicher Schicksalsschlag besiegelt dann das Ende dieser Ehe.

Judith ist Ärztin und seit Kindheitstagen mit Paula befreundet. Im Gegensatz zu Paula legt sie großen Wert auf ihre Selbständigkeit. Sie ist unangepasst und unterhält Beziehungen zu überwiegend deutlich älteren Männern. Die Beziehungen sind jedoch nicht von Dauer. Mit Mitte 30 ist Judiths einziger ständiger Begleiter ein Pferd. Den idealen Mann versucht sie auf Datingportalen zu finden - mit wechselhaftem Erfolg.

Brida ist auf dem besten Weg eine erfolgreiche Schriftstellerin zu werden. Mit Götz, einem Möbelrestaurator aus dem Westen, scheint sie den perfekten Mann gefunden zu haben. Sie heiraten und bekommen zwei Töchter. Alles scheint ideal - doch der Schein trügt. Brida ist mit ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter nicht zufrieden. Sie will schreiben, doch die familiären Pflichten laugen sie aus. Götz versucht Brida zu entlasten, obwohl er eine traditionelle Rollenverteilung favorisiert. Alle Bemühungen sind am Ende nicht genug. Brida bricht aus und flüchtet zu ihrer Freundin Judith, die ihren Wunsch nach Selbstverwirklichung unterstützt. Am Ende steht die Trennung des Ehepaars. Götz findet in Svetlana eine neue Frau, die einfacher zu händeln und daher eher nach seinem Geschmack ist. Brida wird zur Außenseiterin.

Malika war vor Brida mit Götz liiert und hätte für ihn alles getan. Ihr gemeinsamer Wunsch nach einer Schwangerschaft blieb aber unerfüllt. Nachdem Götz sie für Brida verlassen hat, lebt sie allein und gibt Unterricht als Geigenlehrerin. Das Gefühl der Einsamkeit und des Nichtgeliebtwerdens begleiten Malika schon ihr ganzes Leben. Ihre Schwester Jorinde war der erklärte Liebling ihrer Eltern. Als Malika es wagte, an einem Geigenwettbewerb nicht teilzunehmen und die Wünsche ihrer Eltern im Hinblick auf ihre musikalische Karriere zu sabotieren, ist sie bei den Eltern endgültig durchgefallen.

Malikas Schwester Jorinde ist Schauspielerin, verheiratet und hat zwei Kinder. Sie ist zum dritten Mal schwanger - allerdings nicht von ihrem Ehemann. Jorinde bittet Malika um Hilfe. Malika soll das Kind wie ihr eigenes aufzuziehen, damit Jorinde sich von ihrem Mann trennen und ihre Karriere weiter verfolgen kann. Malika lehnt dies ab und unterbreitet stattdessen einen überraschenden Vorschlag.

Die fünf Frauen haben ihr Schicksal selbst mitbestimmt. Sind sie deshalb glücklich(er)? Brida denkt: „Für Generationen von Frauen vor ihr waren die Wege vorgezeichnet und enger gewesen. Sie kamen ihr plötzlich glücklicher vor. Niemals hatten sie in der Illusion gelebt, ihr Leben gestalten zu können, nie die Enttäuschung gespürt, wenn sich offene Türen alle auf einmal schlossen. Keine Einschränkung hatte in ihrer eigenen Verantwortung gelegen. Es waren die Umstände, die nichts anderes zuließen.“ Damit wird das Dilemma der modernen Frau gut zum Ausdruck gebracht. Mit der Freiheit der Wahl kam die Bürde der Verantwortung für die eigenen Entscheidungen. Diese Verantwortung ist aber kein Grund die hart erkämpfte Freiheit aufzugeben. Der Verantwortung gerecht zu werden, heißt Kompromisse zu schließen. Dies ist eine Fähigkeit, die heutzutage viel zu wenig wertgeschätzt wird. Stattdessen will jeder immer alles und das jetzt sofort. Glück findet Mann/Frau so aber nicht.

Mich hat das Buch jedenfalls glücklich gemacht. Ich habe die klare Sprache genossen. Mit den fünf Frauen konnte ich mich zum Teil, wenn zum Glück auch nicht vollständig, identifizieren. Insgesamt sehr lesenswert!