Rezension Rezension (5/5*) zu Die Jahre der Schwalben: Roman von Ulrike Renk.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Jahre der Schwalben von Ulrike Renk
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Verlorene Heimat


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Erst kurz nach der Hochzeit erfährt Frederike, dass ihr Ehemann schwer erkrankt ist. Ihre Mutter, die sie sehr zu dieser vorteilhaften Ehe mit Ax, dem sehr vermögenden und älteren Gutsbesitzer gedrängt hat, wusste offenbar davon. Die junge Frau ist fassungslos, nachdem sie ihren Mann nach Davos zur Kur brachte, lastet nun die ganze Verantwortung über das riesige Gut Sobotka auf ihren Schultern. Einsame Jahre werden nun folgen, denn ihr Mann wird keine Heilung finden.

Als junger Witwe bleiben ihr nur Gut, Pferdezucht und harte Arbeit bis sie Gebhard zu Mansfeld kennenlernt. Ihre Zukunft scheint in einem schöneren Licht, aber dann beginnt auch schon die Machtergreifung Hitlers seine Schatten zu werfen.

Die Romane um das Leben von Frederike basieren auf echten Begebenheiten, vielleicht geht mir das Schicksal der jungen Frau deshalb so nah. Romanhandlung und wahre Ereignisse werden geschickt miteinander verwoben, dadurch entsteht eine ganz dichte Geschichte, die mich tief berührte und in die Vergangenheit mitgenommen hat. Es ist eine verschwundene Welt, die hier beschrieben wird. Die großen Güter sind Vergangenheit, die Herrenhäuser meist in Hotels umgewandelt. Aber hier wird diese Zeit noch einmal lebendig, das Leben im Wechsel der Jahreszeiten, die harte Arbeit der Gutsbewirtschaftung, aber auch die unglaubliche Weite der Natur.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, als junge Frau erlebt Frederike das Aufkommen der Nazis, sieht das Unrecht und die Gefahr, die auch sie und ihre Familie bedrohen. Diese Zeitschilderung machte für mich einen ganz besonderen Reiz aus. Das ist Geschichtsschreibung aus ganz persönlicher Sicht, aber es steht trotzdem für das Geschehen einer ganzen Epoche. Menschlichkeit und Unmenschlichkeit finden sich selbst in kleinsten Dörfern eng nebeneinander. Der Figurenkosmos in diesen Büchern wird nicht nur lebendig, sie wurden mir fast zu echten Menschen. So vielschichtig und echt sind sie geschildert. Die Autorin hat es wieder geschafft, mich völlig in Bann zu ziehen. Ich hätte einfach immer nur weiterlesen können, habe jede Seite aufgesogen und mit Frederike gelebt und gelitten und bin ganz tief in den Roman eingetaucht.
Ich fiebere dem letzten Teil der Geschichte entgegen und möchte unbedingt mehr aus dem Leben Frederikes und ihrer Familie erfahren.