Rezension (5/5*) zu Die Jagd von Sasha Filipenko

otegami

Bekanntes Mitglied
17. Dezember 2021
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Spannung in Form einer Sonatenhauptsatzform

Erschüttert und aufgewühlt war ich nach diesem Roman: so viel eiskaltes Handeln, so wenig Empathie und 0 Unrechtsbewusstsein! Und warum das Ganze? Weil Anton Quint, Journalist und frisch gebackener Vater, schon zu viel über den Oligarchen Wladimir Slawin herausgefunden hatte.

Dass der Autor inzwischen nicht mehr weder in Belarus noch in Russland lebt, kann ich sehr gut nachvollziehen - zu sehr zeigt er die Probleme Russlands auf, legt den Finger in die Wunde. Und so lesen wir von einem Showprozess wegen eines leeren Posts in ‚social media‘, von einem Bären, der angebunden zur Unterhaltung von Hunden in einer Grube zerrissen wird (ein Anwalt auf die gleiche Art!), von Methoden, die angewendet werden wenn einer ernsthafte Probleme bereitet (ein LKW an der Kreuzung, eine Kugel in den Kopf, Gift, ein Sturz aus einem vergitterten Fenster……….), von der ‚sanften‘ Tour (‚Nieren zerkloppen‘, ein paar Finger brechen), aber auch die Methode ‚Plus minus auf Heimatliebe‘.

Die Spannung wird geschickt aufgebaut: Lew Smyslow besucht in Lugano seinen um 10 Jahre jüngeren Bruder Mark kurz vor dessen Konzert. (Daher auch die Gestaltung des Romans als Sonatenhauptsatzform!) Er erzählt nicht nur, wie es ihm nach dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Absturz der Familie erging, sondern auch, wie er Arbeit bei Kalos (Freund aus Kindheitstagen) ‚Onkel Wolodja‘ fand und wie diese Arbeit ausschaut. (Und ich fragte mich dauernd, warum Lew ihm das alles erzählt.)

Auch in diesem Buch (wie auch in seinen früheren) werden keine Namen genannt, aber jeder weiß bestimmt, wer mit ‚Imperator‘ gemeint ist. Ich konnte das Buch vor lauter Spannung nicht mehr aus der Hand legen! Bei den ganzen Beobachtungen („Was auch immer im Land passiert, wie sehr die Staatsmacht auch pfuscht, meine Kommentare stellen klar, dass an allem die USA schuld sind.“) fiel mir die alte Führungs-Weisheit ein, die da lautet: ‚der Fisch stinkt vom Kopf her‘.

Ich empfehle dieses neue Werk von Sasha Filipenko jedem, der sich mit der aktuellen russischen Geschichte beschäftigt! Fünf Sterne vergebe ich an diesen Roman, der mich lange beschäftigen wird!