Rezension Rezension (5/5*) zu Die Farbe von Milch: Roman von Nell Leyshon.

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
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Großartig


Im Rahmen einer spontanen Leserunde durfte ich mit "Die Farbe von Milch" bereits meinen zweiten Roman von Nell Leyshon lesen. "Der Wald" konnte mich seinerzeit nicht so recht überzeugen, was ich von "Die Farbe von Milch" überhaupt nicht behaupten kann. Im Gegenteil: ich bin restlos begeistert!

Wir lernen hier Mary kennen, die im Jahr des Herrn 1831 ihre Geschichte aufschreibt. Mary wächst auf einem englischen Bauernhof auf, ist gehbehindert und hat bei ihrer Familie einen schweren Stand.
Als sie von ihrem Vater an den örtlichen Pfarrer "ausgeliehen" wird, um sich um dessen kranke Frau zu kümmern, nimmt das Schicksal seinen Lauf...
Worin dieses Schicksal besteht und wie Mary mit dieser Situation umgeht, sollte jede*r selbst herausfinden.

Nell Leyshon hat sich in "Die Farbe von Milch" eines ungewöhnlichen Schreibstils angenommen: komplett aus der Sicht der 15-jährigen Mary, die gerade erst Lesen und Schreiben gelernt hat - ohne viel Satzzeichen, mit vielen Wiederholungen, einer zum Teil hölzernen Sprache. Eben genau so, wie jemand sich ausdrückt, der von Sprache und Schrift wenig bis keine Ahnung hat, sich aber trotzdem mitteilen will. Ich hoffe, ihr (werte Leserschaft) wisst was ich meine :).

Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass es über die Distanz von gut 200 Seiten funktioniert, aber das Konzept ist aufgegangen: die Geschichte ist berührend, stimmt nachdenklich, macht wütend - die komplette Gefühlspalette. Außerdem ist Mary nicht auf den Kopf gefallen und sagt frei heraus, was sie denkt. Das sorgt trotz des über dem ganzen Roman schwebenden Schwermuts für ein paar Lacher.

Ich jedenfalls bin froh, dieses Kleinod mit anderen lieben und begeisterten Leserinnen gelesen zu haben und vergebe sehr gerne 5*.