Rezension Rezension (5/5*) zu Die Eskalation: Thriller von Andreas Brandhorst.

Sebastian

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18. April 2014
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Ostharingen, Niedersachsen, Germany
Greifbare Zukunftsvision

Es gibt nur wenige Autoren, die mich mit jedem Buch überzeugen konnten. Andreas Brandhorst gehört nicht nur zu dieser kleinen Gruppe, sondern hat mit "Das Erwachen" auch einen Roman geschaffen, der durch seine Aktualität (trotz "leichtem" SciFi-Setting) und das von vorn bis hinten runde Zusammenspiel von Figuren, Geschichte, Atmosphäre und Spannungsbogen zu meinen Lieblingsbüchern zählt. "Die Eskalation" setzt nun die Geschichte um die Maschinenintelligenz Goliath fort und musste sich wegen der oben genannten Gründe mit einer hohen Erwartungshaltung konfrontiert sehen.

Die Story wurde noch einmal etwas weiter in die Zukunft verlegt und versetzt den Leser in eine augenscheinlich utopische Welt. Es gibt keine Kriege mehr, niemand muss mehr Hungern, die Kriminalität wird zurückgetrieben. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Ist es auch, denn letzten Endes hat das alles einen Preis, den ultimativen Preis: die Freiheit. In einer Welt, in der alle gleich sind, wird es immer Menschen geben, sie gleicher sein wollen als alle anderen. Oder sich einfach nicht in Abhängigkeit von etwas nicht nachvollziehbarem begeben wollen. Und so finden wir uns nicht in einem paradiesisch anmutenden Setting, sondern direkt auf dem Weg zu einem Krieg zwischen Mensch und Maschine.

So weit, so Terminator. Wer jetzt aber eine an den Actionreißer angelehnte Story erwartet, kann beruhigt werden. Ja, hier und da gibt es natürlich Parallelen, aber Brandhorsts Zukunftsvision ist weitaus tiefschürfender und beleuchtet die unterschiedlichen Aspekte eingehender und vor allem nachvollziehbarer. Die Geschichte ist intelligent aufgebaut, hinterfragt die Motivationen der Figuren (die Kennern des ersten Teils oftmals bekannt sind) und lässt dadurch keine Schwarz-Weiß-Zeichnungen entstehen. Nur selten hatte ich den Eindruck, genau zu wissen, was die Protagonisten antreibt, oder besser gesagt warum genau sie etwas antreibt. Und genau aus diesem Grund ist "Die Eskalation" ähnlich spannend wie bereits "Das Erwachen", denn es stellt sich tatsächlich erst zum Schluss heraus, was es nun mit der Tafelrunde, den Feinden Goliaths, auf sich hat.

Spannung in Reinkultur, ein hohes Erzähltempo und viel Stoff, der zum Nachdenken anregt - und zwar in diverse Richtungen. "Die Eskalation" ist ein würdiger Nachfolger des großartigen ersten Teils, sollte aber definitiv nicht ohne Vorkenntnisse gelesen werden, da sonst zu viele Fragezeichen offen bleiben und das Gesamtbild der Geschichte nicht mehr funktionieren wird.

 

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