Rezension (5/5*) zu Die Bibliothek der Hoffnung: Roman von Kate Thompson

Anna_Kanina

Mitglied
30. April 2022
67
21
10
Eine wunderbare Geschichte

Die Geschichte über die unterirdische Bibliothek in Bethnal Green war mir bisher völlig unbekannt. Genauso wenig wie der Umstand, dass in dieser U-Bahnstation quasi eine komplette Kleinstadt entstand. Umso mehr freue ich mich darüber, dass solche außergewöhnlichen Geschichten für die Nachwelt erhalten bleiben. Damit auch deutlich jüngere Menschen wie ich noch darüber staunen können.

Es ist eine hinreißende Geschichte, die mich schon nach den ersten Seiten nicht mehr losgelassen hat. Die Atmosphäre hat mich gleich gegriffen - ich war sofort im Londoner East End der Kriegsjahre. Zwischen den Menschen, die versuchen zu (über)leben, aufzuräumen, das Beste aus der Situation zu machen. Habe mit ihnen gelacht und war zutiefst ergriffen über ihre Schicksale. Die Figuren sind facettenreich und so lebendig geschrieben, da fällt es leicht sofort einen Draht zu ihnen zu haben.
Clara und Ruby sind zwar sehr unterschiedlich, wachsen dem Leser mit ihrer gefühlvollen und gleichzeitig zupackenden Art aber auch sehr schnell ans Herz.
Besonders der ins Leben gerufene Lesekreis und die Vorlesungen für die Kinder haben mein Herz im Sturm erobert. Sehr unterschiedliche Charaktere, unterschiedliche Meinungen und doch eine fest gewachsene Gemeinschaft.

Besonders schön finde ich jeweiligen Kapiteleinleitungen, in denen Zitate von Bibliothekar*innen vorangestellt werden. Worte, aus denen unverkennbar die Liebe zu den Büchern spricht.

Aber bei aller Euphorie - es ist kein reines Wohlfühlbuch. Die Geschichte spielt in den letzten Jahren des Krieges, die Entbehrungen, Ängste, Traumata und Gräuel sind allgegenwärtig.
Ein Buch für Bücher und gegen das Vergessen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.