Rezension Rezension (5/5*) zu Die Bagage von Monika Helfer.

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Bagage von Monika Helfer
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Kompakte Familiengeschichte

„Hier, nimm die Stifte, male ein kleines Haus, einen Bach ein Stück unterhalb des Hauses, einen Brunnen, aber male keine Sonne, das Haus liegt nämlich im Schatten.“ (S. 7)

Bereits hier, in diesem Eingangszitat, steckt schon etwas von dem, was die Leser*innen auf den nächsten knapp 160 Seiten erwartet. Die Rede ist von „Die Bagage“ von Monika Helfer. Eine Familiengeschichte über 3 Generationen auf so „engen“ Raum – kann das gut gehen? O ja, und wie! Hier zeigt sich eine besondere Begabung, wenn die Autorin in der Lage ist, kompakt, ungeschönt, offen und ehrlich von ihrer „Bagage“ zu berichten.

In einem nach außen hin unscheinbaren Erzählton, erzählt Monika Helfer (nicht nur) zwischen den Zeilen von den Schwierigkeiten ihrer Großeltern in einem kleinen, im wahrsten Sinne des Wortes hinterwäldlerischen, österreichischen Dorf, in dem Misstrauen und Missgunst gegenüber Maria und Josef Moosbrugger und ihre Kinder herrschen; erst recht als Josef in den Ersten Weltkrieg ziehen muss und Maria mit der späteren Mutter der Autorin schwanger ist, kochen die Gerüchte in dem kleinen Dorf hoch.

Doch die wahre Größe der Geschichte zeigt sich in den leisen und zum Teil philosophisch angehauchten Zwischentönen, die sich aber umso nachhaltiger in das Gedächtnis der Leserinnen und Leser einfräsen.

„Ich habe es probiert. Ein bisschen kann ich malen. Aber ich war nie damit zufrieden. […] Die Grundfarben meiner Vorvergangenheit sind fast alle im Bereich von Braun. Ocker. Kuhstallwarm, die Farbe der Kuhställe ist braun. […] Die Farbe der Gesichter undefinierbar. Von Grün gibt es die ganze Palette, aber eher versteckt ist das Grün. Weiß und Schwarz nur für Josef.“ (S. 53/54)

Wie es mit Erinnerungen und erzählten Dingen so ist, springt die Geschichte von der Vergangenheit in die Gegenwart, von einem Ereignis zum anderen. Aber auch da gibt es eine schöne Definition der Autorin, warum das so ist: „Eine Ordnung in die Erinnerung zu bringen – wäre das nicht eine Lüge? Eine Lüge insofern, weil ich vorspielen würde, so eine Ordnung existiere.“ (S. 55)

Für mich eine der besten Familiengeschichten, die ich jemals gelesen habe und ein weiteres „King´s Crown Juwel 2020“ und somit 5* wert!

©kingofmusic


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