Rezension Rezension (5/5*) zu Die amerikanische Prinzessin von Annejet van der Zijl.

Barbara62

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„Courage all the time“ – Nie den Mut verlieren!

Während der Recherchen zu ihrer Dissertation über Prinz Bernhard der Niederlande stieß die Historikerin und Autorin Annejet van der Zijl 2009 auf den Namen der Amerikanerin Allene Tew, der „ein wenig mysteriösen amerikanischen Tante“ des Prinzgemahls der holländischen Königin Juliane. Spontan beschloss sie, über diese Frau, deren Leben wie ein „phantastischer, dramatischer, farbenprächtiger Film“ war, ein Buch zu schreiben. Am Ende sind es, wie sie selbst im Nachwort schreibt, drei Bücher in einem geworden: „Es ist eine wundersame Lebensgeschichte, die so voller Wendungen steckt, dass sie sich für mich fast wie ein Abenteuerroman anfühlt. Es kann auch als kleine Geschichte Amerikas gelesen werden. Und schließlich ist es meine sehr persönliche kleine Studie über die Frage: Wie geht man mit Verlusten um.“ Und genau diese rundum geglückte Kombination hat mich an dieser Biografie, die eben sehr viel mehr als ein nacherzähltes Leben ist, so begeistert.

Allene Tew wurde 1872 als Nachfahrin der zweiten Generation einer erfolgreichen Pionierfamilie am Chautauqua-See im Bundesstaat New York geboren, doch war ihr Vater der einzige in der Familie, der nicht mühelos in die großen Fußstapfen der ersten Generation trat. Ausgestattet mit auffallender Schönheit, einem beachtlichen Durchsetzungswillen und voller Interesse für die Welt und die Menschen, schaffte sie einen kometenhaften Aufstieg und hinterließ bei ihrem Tod 1955 ein Vermögen von 24 Mio. Dollar. Fünf Ehen führte sie, wovon sie die ersten beiden hauptsächlich ihrer Schönheit verdankte, die dritte, einzig wirklich glückliche, der Liebe, und für die vierte und fünfte war vor allem ihr inzwischen erworbenes Vermögen ausschlaggebend. Die Verluste, die sie erlitt und überlebte, hätten anderen den Lebensmut geraubt, nicht so jedoch Allene. Wie ein Stehaufmännchen erzwang sie stets einen positiven Fortgang, verlor nie die Freude am Leben und fand gemäß ihrem Motto: „Courage all the time – nie den Mut verlieren“ immer wieder eine Form des Glücks, sei es in einer neuen Ehe, in Reisen, in ihren zahlreichen Immobilien in den USA oder Frankreich oder in den „Ersatzkindern“, deren sie sich nach dem Tod der eigenen Kinder annahm, darunter der jungen Bernhard zur Lippe-Biesterfeld.

Doch wie bereits gesagt, ist Die amerikanische Prinzessin viel mehr als nur die Lebensgeschichte einer beeindruckenden Frau. Da sie ein Luxusnomadenleben führte, ist es auch mehr als nur eine amerikanische Geschichte. Durch ihre Aufenthalte in England und Frankreich, ihre Ehen mit einem deutschen Prinzen und einem russischen Grafen und ihre enge Verbindung zum niederländischen Königshaus als Patin der Ex-Königin Beatrix, ist es auch eine europäische Geschichte.

Annejet van der Zijls Biografie einer Frau, deren Leben man nicht abenteuerlicher hätte erfinden können, liest sich spannend, leicht und sehr unterhaltsam, und hat mich angesichts der unglaublichen Fakten immer wieder aufs Neue überrascht. Dabei vermeidet die Autorin jede Sensationshascherei und bleibt streng bei dem, was sie in den zahlreichen, im Quellenverzeichnis aufgeführten Büchern und der amerikanischen Presse über Allene Tew finden konnte. Zwei Bilderbogen, ein Personenregister, ein Stammbaum und eine Landkarte runden das absolut gelungene Buch aus dem Theiss Verlag ab, das ich mit großem Gewinn und Vergnügen gelesen habe.

 

Literaturhexle

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Nun sind Biografien (noch) nicht mein Thema. Aber danke für diesen Einblick in eine schillernde (mir) unbekannte Persönlichkeit:)