Rezension Rezension (5/5*) zu Der tiefe Graben: Die Geschichte der gespaltenen Staaten von Amerika von Ezra .

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Buchinformationen und Rezensionen zu Der tiefe Graben von Ezra Klein
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Ein Augenöffner!

Kurzmeinung: Man hätte für die Zitate und Buchtitel und Artikeltitel und Autorennamen und deren Titel - mehr Fußnoten verwenden müssen. Aber sonst: top!



Tatsächlich hat mir das leicht verständliche Buch von Ezra Klein über die Geschichte und Gegenwart der politischen Landschaft in Amerika, (endlich) geholfen, zu verstehen, was vor sich geht.

Rätseln wir in Europa doch daran herum, warum „Donnie“ mit seinen Unverschämtheiten, Lügen und Rüpeleien in den Staaten nicht die Empörung hervorruft wie bei uns und warum "Donnie", also der ehemalige republikanische Präsident Donald Trump fast unbeschadet durch das Impeachment kam und seine Anhänger loyal zu ihm stehen, sozusagen „bis zum letzten Tweet“.

Der Konflikt reicht wahrlich weit zurück. Im Prinzip bis zu den Anfangsgründen, bis zur Erstellung der Verfassung, die in manchen Dingen nicht klar genug gefasst ist. Die einen sagen, Verfassung lebt und verändert sich und muss sich den Zeiten anpassen, die anderen meinen, nein, sie ist „tot“, was ihre Anpassungsfähigkeit angeht und der Status quo muss erhalten bleiben. Um jeden Preis. Die erste Auffassung wird von den Demokraten vertreten, die zweite von den Republikanern.

Und damit wären wir schon fast beim Kern der Sache. Erhalt oder Veränderung. Was soll denn erhalten bleiben? Die Macht der weißen, alten Männer. Der demographische Wandel jagt der herrschenden Schicht Angst ein. Dabei heißt Herrschaft in den meisten Fällen nur, zu sagen, wo es langgeht. Was natürlich mit wirtschaftlichen Privilegien einhergeht.

Und wem Privilegien entzogen werden sollen, auch wenn diese Umverteilung gerecht wäre, windet sich.


Verändert hat sich, dass sich die Parteien bis zu dem Punkt polarisiert haben, dass sie nicht mehr zusammenarbeiten können. Diese Polarisierung hat den Menschen auf der Straße polarisiert, woraufhin als Antwort auf eine polarisierte Masse, die politischen Parteien sich noch mehr polarisierten, was die Menschen auf der Straße dazu brachte sich noch weiter zu polarisieren… ein Teufelskreis.


Geblieben ist auch das komplizierte Wahlsystem der USA. Das überaus reformbedürftig ist. An dieser Reform werden sich jedoch noch Generationen die Zähne ausbeißen. Oder einfach aufgeben.


Das System von Repräsentantenhaus und Senat und die präsidiale Demokratie behindern sich oft gegenseitig. Völlig legal. Aber der nicht allzu sehr an Politik interessierte Landwirt/Arbeiter/Angestellte durchschaut nicht, dass die Tatsache, dass etwas Notwendiges nicht passiert, z.B. Straßenbau/Reparaturen, Aufbau der Infrastruktur nicht der Mehrheitspartei, die gerade regiert, geschuldet ist, sondern der Blockade der Opposition. So behindern sich alle gegenseitig und lügen, dass sich die Balken biegen.


Das sind nur einige Aspekte des Buches, die ich heraushebe. Auch die Presse spielt eine unrühmliche Rolle, da sie die gemäßigten Politiker nicht hypt, sondern diejenigen, die am lautesten kreischen und am rüpelhaftesten sind, weil sie (die Presse) quotenorientiert denkt.


Fazit: Die präsidiale Demokratie der USA macht keinen vertrauenswürdigen Eindruck auf mich. Sie ist anfällig für sozusagen alles. Und was wir künftig von ihr zu erwarten haben, solange die amerikanische Politik sich selbst blockiert und verhindert, ist nichts Gutes. Doch hundert Jahre später könnten sich manche Probleme rein durch den demographischen Wandel von selber aufgelöst haben ... oder es herrscht Bürgerkrieg total.


Kategorie. Sachbuch. Politik.
Hoffmann und Kampe, 2020

 
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