Rezension (5/5*) zu Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García von Moritz Rinke

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28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
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Lesevergnügen, das begeistert

„So wie ich das sehe, sitzen hier drei Männer. Der eine ohne Sohn, völlig am Ende. Der andere ohne Job, ohne Fische, ohne das Meer, nur mit einem Joint. Und der dritte ohne Papiere, nur mit irgendwelchen Gedichten.“ (Zitat Seite 312)

Inhalt
Sein Großvater hat die kleine Poststelle in Yaiza eröffnet, inzwischen führt Pedro Fernández García, vierzig Jahre alt, diese weiter. Er muss kreativ sein, denn im Zeitalter des modernen Internets schreibt niemand mehr Briefe und er muss seine Auslastung belegen, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Kreativ ist auch sein bester Freund, der Fischer Tenaro, zur Zeit ein arbeitsloser Fischer mit viel Fantasie und immer neuen Ideen. Als Pedros große Liebe Carlota ihn überraschend verlässt und mit dem Sohn Miguel nach Barcelona zieht, verliert er die Lebensfreude, plötzlich entdeckte Familiengeheimnisse belasten ihn zusätzlich. Sein Leben wird grau, bis Amado, Dozent für spanische Literaturen in Afrika, zur Zeit Flüchtling ohne Papiere, mit seinen bunten T-Shirts und seiner Geschichte in sein Leben tritt. Auch er braucht Hilfe auf seinem umgekehrten Fluchtweg, zurück in die Heimat. Tenaro hat eine Idee - sind sie gemeinsam kreativ und stark genug, um diese umzusetzen?

Thema
Diese Geschichte ist eine weit gefächerte Mischung aus Poesie, Magie, Schicksal, vielfältig wie das Leben. Es geht um Freundschaft, Beziehungen, Vater und Söhne, Familiengeheimnisse, aber auch um sozialkritische, brisante Themen.

Charaktere
Jede der Figuren ist etwas Besonderes mit ihren Gefühlen und persönlichen Eigenheiten, und man folgt gespannt ihren Wegen und Erlebnissen. „Zwei Freunde sind wie zwei Geschichten, die sich zu einer verbinden.“ (Zitat Seite 400)

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte spielt auf der Insel Lanzarote, während der Jahre 2009 und 2010. Die aktuelle Handlung wird ergänzt durch Erinnerungen an vergangene Ereignisse und Kindheitserinnerungen. Einzelne Tage mit ihren jeweils besonderen Erlebnissen, von denen sich manche nicht erklären lassen, aber trotzdem stattfinden, fügen sich zu einem vielschichtigen, eindrucksvollen Ganzen, in dem sich die einzelnen Fäden zusammenfinden. Es sind bewegte Wochen, die Pedro, Tenaro und Amado zusammenführen und für eine Zeitspanne die Schicksale des Postmannes, des arbeitslosen Fischers mit den phantasievollen Geschäftsideen und des Literaturdozenten, derzeit illegaler Flüchtling, verbinden, vereint durch Literatur und Fußballbegeisterung. Die Sprache erzählt einfühlsam, intensiv und begeistert durch die wunderbaren Schilderungen der dem Tourismus verborgenen Schönheit der Insel Lanzarote.

Fazit
Eine großartige Mischung aus Geschichten, Menschen, Alltag und Gefühlen. Liebenswerte Charaktere und humorvoll-skurrile Szenen vereinen sich mit der Nachdenklichkeit der brisanten Themen unserer Zeit und werden erzählerisch eingebettet in eindrücklichen Schilderungen der Schönheit und des Lebens auf der besonderen Insel Lanzarote.