Rezension Rezension (5/5*) zu Der Distelfink: Roman von Donna Tartt.

Daphne1962

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23. Mai 2020
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Buchinformationen und Rezensionen zu Der Distelfink: Roman von Donna Tartt
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Ein besonderes Gemälde

Die Autorin Donna Tarrt hat mehrere Jahre an diesem Schmöker geschrieben. Dafür hat sie sich auch viel Mühe gegeben, wie ich finde. Lange habe ich es im Regal stehen gehabt, weil es über 1000 Seiten stark ist. Aber nun bin ich echt froh, in dieses Buch mich vertieft zu haben.

Es dreht sich in diesem Roman hauptsächlich um ein kleines Gemälde. "Der Diestelfink" aus dem 17. Jahrhundert. Es hängt in einem Museum in New York. Theo Decker besucht des öfteren mit seiner Mutter das Museum. Ausgerechnet in dieser halben Stunde, wo die beiden vor dem Regenschauer Schutz suchen, wird ein Terroranschlag auf das Museum verübt. Theo kommt relativ unverletzt aus den Trümmern heraus und hofft, seine Mutter wird bald nach Hause kommen. Das ist leider nicht der Fall, sie hat es nicht überlebt, wie so viele Besucher und Angestellte.

Theo Decker ist eigentlich zu jung noch um den Tod seiner geliebten Mutter zu verkraften. Sein Vater ist ein Jahr vor dem Unglück abgehauen. Kein großer Verlust für die beiden, denn Theo hatte es sich gut eingerichtet mit der Mutter. Ihnen geht es gut. Bis zu dem verhängnisvollen Tag, an dem sein Leben zusammen brach. Er versinkt in tiefer Trauer und weiß nicht, wie er sie bewältigen soll. Zwar wurde er von der sehr reichen Familie eines Freundes aufgenommen, aber dafür sind alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als das er dort wirklichen Halt finden könnte. Lediglich Andy ist wie ein wirklicher Bruder für ihn.

Hier ist Theos Reise allerdings noch nicht zu Ende. Er muss dann zunächst nach Nevada, wo sein zwielichtiger Vater mit seiner Freundin lebt und Theo erst noch nicht so richtig durchblickt, von was er eigentlich lebt. Immer im Gepäck das unbezahlbare Gemälde "Der Distelfink", was er aus dem Museum mitgenommen hat. Zunächst hatte er nur vor es zu retten, aber später hatte er keine Argumente mehr es zurück zu geben. Dieses Gemälde wird sein halbes Leben bestimmen und zu einem Kriminalfall werden.

Auf seiner neuen Schule in Nevada lernt er Boris kennen, der sein bester Freund wird. Boris ist das ganze Gegenteil von Theo. Stammt aus Australien und hat einen ukrainischen Vater, der säuft und nie zu Hause ist. Seine Mutter stammt aus Polen und ist aus dem Leben entschwunden der beiden. Boris nimmt Drogen und trinkt, ist aber ein kluger und belesener Junge und es dauert nicht lange, da wohnt er dann bei Theo. Denn Theos Vater ist auch oft nicht da und vermisst seinen Sohn sowieso nicht.

Donna Tarrt erzählt hier allerdings eine Geschichte, die sich um Trauer, Einsamkeit, Selbstzweifeln, Liebe, Freundschaft, Glauben und tiefen Abgründen bewegt. Denn Theo versinkt häufig in Depressionen. Kein Wunder, wo er nirgends richtig Halt findet. Was mir besonders gefallen hat, Donna Tarrt hat ein feines Gespür sich in die Menschen hineinzuversetzen und den Leser auch daran teilhaben zu lassen.

Man kennt die Personen, die im Leben von Theo eine Rolle spielten wirklich gut. Man lebt sie mit sozusagen. Es ist zeitgenössisch geschrieben und nimmt dem Leser einfach gefangen. Unbedingt lesen und sich nicht von der Anzahl der Seiten abschrecken lassen. Am Ende ist man erstaunt, dass es schon zu Ende ist.

von: Emmanuelle Fournier-Lorentz
von: Jan Weiler
von: Ben Macintyre
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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18.657
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48
Nachdem ich Middlemarch ja abgebrochen habe, scheue ich mich etwas vor so einem dicken Schmöker. Andererseits hatte ich schon länger vor, den Distelfink zu lesen, weil ich die Geschichte spannend finde. Schöne Rezension! :cool:
 

Daphne1962

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23. Mai 2020
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Nachdem ich Middlemarch ja abgebrochen habe, scheue ich mich etwas vor so einem dicken Schmöker. Andererseits hatte ich schon länger vor, den Distelfink zu lesen, weil ich die Geschichte spannend finde. Schöne Rezension! :cool:
Du wirst es nicht bereuen, denn Theos Leben ist ein einziges Abenteuer und die Menschen, die in sein Leben treten sind alle samt lebendig. Ein Buch in dem so viele Drogen konsumiert werden, der helle Wahnsinn. :)
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
4.556
16.320
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Rhönrand bei Fulda
Ich hatte das große Glück, dieses Buch als Vorabexemplar in einer Leserunde bei den Büchereulen zu lesen. Es ist eine der nachhaltigsten Erfahrungen meines Leselebens gewesen. Ich bin ein Augenmensch und liebe Texte, die sich auf Gemälde beziehen. Der Distelfink von Fabrizius hat, wie ich irgendwo gelesen habe, in Holland eine ähnliche ikonische Bedeutung wie in Deutschland der Dürer-Hase. Donna Tartt charakterisiert das Bild als Porträt des „strammen kleinen Gefangenen“, wie Theo es beschreibt, „ein Fingerhut voll Tapferkeit … nicht scheu, nicht einmal hoffnungslos, hält er entschlossen seine Stellung“. Für Theo die einzig greifbare Erinnerung an seine Vergangenheit, zugleich Freude und Fluch seines Lebens.

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die die "Geheime Geschichte" für den dollsten Wurf der modernen Literatur halten, mir werden in dem Buch einfach zu viele Drogen konsumiert, und genau dieses Problem hatte ich auch mit dem Distelfink. Aber dieses Buch bringt einfach großartige, unvergessliche Momente.

„Zwischen der Realität auf der einen Seite und dem Punkt, an dem der Geist die Realität trifft, gibt es eine mittlere Zone, einen Regenbogenrand, wo die Schönheit ins Dasein kommt, wo zwei sehr unterschiedliche Oberflächen sich mischen und verwischen und bereitstellen, was das Leben nicht bietet: und das ist der Raum, in dem alle Kunst existiert und alle Magie … und alle Liebe.“
 

Literaturhexle

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2. April 2017
19.250
49.167
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mir werden in dem Buch einfach zu viele Drogen konsumiert, und genau dieses Problem hatte ich auch mit dem Distelfink. A
Das ist in der Tat ein Kritikpunkt, der leider für viele amerikanische Werke gilt. Vielleicht lebt man dort in den Großstädten so? Ich denke schon, dass Tartt da ein Stück Realität abbilden will.
Das Zitat ist wunderbar!
Schreiben kann sie!
 

Daphne1962

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23. Mai 2020
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Ich hatte das große Glück, dieses Buch als Vorabexemplar in einer Leserunde bei den Büchereulen zu lesen. Es ist eine der nachhaltigsten Erfahrungen meines Leselebens gewesen. Ich bin ein Augenmensch und liebe Texte, die sich auf Gemälde beziehen. Der Distelfink von Fabrizius hat, wie ich irgendwo gelesen habe, in Holland eine ähnliche ikonische Bedeutung wie in Deutschland der Dürer-Hase. Donna Tartt charakterisiert das Bild als Porträt des „strammen kleinen Gefangenen“, wie Theo es beschreibt, „ein Fingerhut voll Tapferkeit … nicht scheu, nicht einmal hoffnungslos, hält er entschlossen seine Stellung“. Für Theo die einzig greifbare Erinnerung an seine Vergangenheit, zugleich Freude und Fluch seines Lebens.

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die die "Geheime Geschichte" für den dollsten Wurf der modernen Literatur halten, mir werden in dem Buch einfach zu viele Drogen konsumiert, und genau dieses Problem hatte ich auch mit dem Distelfink. Aber dieses Buch bringt einfach großartige, unvergessliche Momente.

„Zwischen der Realität auf der einen Seite und dem Punkt, an dem der Geist die Realität trifft, gibt es eine mittlere Zone, einen Regenbogenrand, wo die Schönheit ins Dasein kommt, wo zwei sehr unterschiedliche Oberflächen sich mischen und verwischen und bereitstellen, was das Leben nicht bietet: und das ist der Raum, in dem alle Kunst existiert und alle Magie … und alle Liebe.“

Nun ist bei mir die geheime Geschichte auch eingetroffen. Auch habe ich mir dann noch der kleine Freund bestellt.

Das literarische Quartett hatte sich damals mit Lob überschüttet für den Distelfink. Zu Recht würde ich mal sagen. Man sucht immer mal wieder solche lesenswerten Bücher. Ja, es wurden zu viel Drogen konsumiert, stimmt. Aber ich denke die Autorin wollte auch verdeutlichen, wie so junge Menschen in tiefe Trauer verfallen können und sie auch Depressionen heimsuchen. Ich muss mich noch mal ein wenig mit dem Bild befassen. Das Buch wirkt auch wirklich noch sehr nach bei mir. Ich bin gespannt, wie es meine Schwester finden wird. Sie liest es gerade.

Was kannst Du mir denn noch empfehlen? Also, was man unbedingt lesen sollte?
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Auch habe ich mir dann noch der kleine Freund bestellt.

Literaturhexle und ich haben im Faden "Mitleser gesucht" eine Minileserunde mit dem "Kleinen Freund" angedacht, vielleicht magst Du noch dazustoßen? Termin haben wir noch nicht ausgemacht, ich würde ab spätestens Mitte Oktober zur Verfügung stehen (je nachdem, ob ich im Oktober nochmal unterwegs bin).
 
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Daphne1962

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Literaturhexle und ich haben im Faden "Mitleser gesucht" eine Minileserunde mit dem "Kleinen Freund" angedacht, vielleicht magst Du noch dazustoßen? Termin haben wir noch nicht ausgemacht, ich würde ab spätestens Mitte Oktober zur Verfügung stehen (je nachdem, ob ich im Oktober nochmal unterwegs bin).
Ab Mitte Oktober passt mir gut.

Wo finde ich den "Mitleser Faden" ? Ich erinner mich es gelesen zu haben bei einem Lesemontag.
Finde mich machmal nicht zurecht hier. :rolleyes: