Rezension (5/5*) zu Das Jahr magischen Denkens von Joan Didion

Kristall86

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22. März 2021
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An der Nordseeküste
Eines Tages trifft es jeden von uns

Klappentext:

„Die große amerikanische Schriftstellerin Joan Didion schreibt über die Trauer nach dem Tod ihres Ehemannes und über ihren Versuch, das Unfassbare begreiflich zu machen. Ein sehr offenes, sehr persönliches Buch, das zugleich von beeindruckender Allgemeingültigkeit ist. Joan Didion wurde dafür in den USA mit dem National Book Award ausgezeichnet.“



Ja, ich verehre Joan Didon und ihren legendären Schreibstil und dieses Buch hier, ist wohl das intimste, das traurigste, das bewegendste was sie wohl je geschrieben hat: der Tod ihres Mannes. Das die beiden einen bewegende und harmonische Ehe geführt haben, werden ihre treuen Leser bereits aus ihren anderen persönlichen Büchern kennen, von daher war es ein sehr tiefer und gefühlvoller Einblick hier in ihre Seele, als ihr Mann sie verlassen hat - für immer. Sie schreibt aus ihrer Sicht aber auch, typisch für Didion, aus der Sicht der Außenstehenden. Sie versucht sich selbst zu analysieren und auch die andern. Das ist nicht falsch, im Gegenteil, denn genau das wird ihr gedanklicher Anker, gibt ihr Halt. Ja, es war ein Jahr magischen Denkens…Eigene Gedanken sollten hier abgeschaltete werden. Sie beschreibt alle Details, wie es damals am Esstisch zu diesem Vorfall kam, den Gang ins Krankenhaus, den Gang allein nach Hause ohne ihn…Trauer, Anrufe, Gespräche, Pressemitteilungen….Trauerfeier…Unabhängig das es Joan Didion ist, trifft sie, jedenfalls bei mir, den Leser am empfindlichsten Punkt. Wenn jemand richtig liebt, seinem Partner vertraut und der Schwur, der ewigen Treue dann doch eines Tages gebrochen wird, bricht es auch den Menschen der noch da ist. Didon greift hier ganz tief in ihre Emotionen und offenbart uns mit unvergleichlichem Gefühl, wie es ist, allein ohne Partner, ohne Seelenverwandten zu sein. Ihre Tochter liegt dabei schwer krank im Krankenhaus - ein weiterer Punkt der tief bewegt…

Dieses Buch ist keine leichte Kost, hat enorm viel Gefühl, ist ein tiefer Einblick und einfach nur zu 100% Joan Didion - meine persönliche „Grand Dame“ der Literatur.

Chapeau vor so viel Offenheit! Dieses Buch musste raus! Raus aus Didion‘s Gedanken, die ihr auf der Seele lagen und raus in die Herzen der Leser. Es wird jeden von uns treffen…früher oder später….

5 von 5 Sterne für diesen Schatz!

 
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pengulina

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22. November 2022
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Ach, du auch? Ich habe die dicke (vollständige) Essay-Sammlung von ihr, darin allerdings noch nicht alle gelesen, und dann natürlich "Das Jahr magischen Denkens" und "Blaue Stunden". Absolut verehrungswürdig.
 
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An der Nordseeküste
Ach, du auch? Ich habe die dicke (vollständige) Essay-Sammlung von ihr, darin allerdings noch nicht alle gelesen, und dann natürlich "Das Jahr magischen Denkens" und "Blaue Stunden". Absolut verehrungswürdig.
Das ist das Schöne bei ihren Werken, man kann sie auch mal zur Seite legen und sie sind extrem zeitlos. Keine konnte die Seele der USA so in Worte fassen wie sie. Ich hab alles gelesen was bislang auf dem deutschen Markt zu finden ist;) (die Übersetzungen sind nämlich sehr gelungen!). Sie war eine ganz Große und bleibt unvergessen. Ich verehre ihre Werk sehr!
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
"Blaue Stunden" habe ich auch am SUB, auch ein Buch über die Trauer.
Ich schrecke davor zurück.
Es geht ja wohl um den Tod ihrer Tochter darin .... ich weiß nicht, ob ich das lesen mag ... :sad
 
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Kristall86

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"Blaue Stunden" habe ich auch am SUB, auch ein Buch über die Trauer.
Ich schrecke davor zurück.
Es geht ja wohl um den Tod ihrer Tochter darin .... ich weiß nicht, ob ich das lesen mag ... :sad
Ach liebe Häsin, ich weiß und verstehe was Du meinst, kann aber klar sagen, es ist wahrlich lesenswert. Auch „Das Jahr magischen Denkens“ war in gewisser Weise schwere Kost aber fest steht, wir können dem Tod nicht entkommen. Mag philosophisch klingen aber es ist ja so. Didion schaffte es bei mir jedesmal eine ganz besondere Ebene zu dem Thema „Trauer und Tod“ aufzubauen ohne das ich dabei selbst in Trauer verfiel. Sie erzählt von den Geschehnissen aber auch wie sie selbst damit umging. Sie war äußerst selbstkritisch und ich muss gestehen, das habe ich stets bewundert. Zu ihrer Tochter kann ich Dir klar sagen: sie hatte ja eine ganz eigene Geschichte zu erzählen und sie ist es wert das man sie liest, erst dann versteht man warum Didion so mit diesem Verlust umgehen konnte. Alles wirst Du in „Blaue Stunden“ finden aber eben auch in „Das Jahr magischen Denkens“. Sie hat sich betrachtet, den Tod selbst, den Verlust aber auch die Gesellschaft und eben auch sogar das Land USA…Wenn die Zeit bei Dir gekommen ist, wirst Du es zur Hand nehmen können und lesen. Und ich wäre erfreut dann Deine Meinung darüber zu erlesen;) Glaub mir, es lohnt sich wirklich…
 
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