Rezension (5/5*) zu Das Haus über dem Fjord von Kristin Valla

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Buchinformationen und Rezensionen zu Das Haus über dem Fjord von Kristin Valla
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Ein facettenreicher, packender Lese-Ausflug nach Norwegen

„Ich stand in der Auffahrt, hatte die Autotür offen, dachte, dass das Haus noch immer schön sei. Es lag allein oben am Hang und sah aus, als ob es eigentlich keine Menschen brauchte.“ (Pos. 254)

Inhalt
Elin ist zehn Jahre alt, als ihre Weigerung, ein Kleid anzuziehen, ihr und ihrer Mutter das Leben rettet. Denn die beiden sind nicht in dem Auto, das von einem plötzlichen Erdrutsch verschüttet wird und in dem Elins Vater und ihre beiden älteren Brüder sterben. Im Herbst 2007 kehrt Elin, die in Oslo lebt und als Journalistin für eine Modezeitschrift tätig ist, in den kleinen Ort in der Provinz Nordland zurück. Vor zwei Jahren ist ihre Mutter gestorben und Elin beginnt, das Haus der Familie zu räumen, da sie es verkaufen will. Was will sie behalten, was entsorgen? Sie blättert den alten Terminkalender ihres Vaters aus dem Unglücksjahr 1985 noch einmal durch und plötzlich fällt es ihr auf – im Frühjahr vor dem Unglück dichte Termine, geschäftlich und privat, Reisen mit ihrer Mutter, Ballettaufführungen, Theater – es endet mit einer Eintragung ‚Ferien‘ im Juli und dann nichts mehr. Die Seiten des Herbstes sind völlig leer. Das Warum schickt Elin auf eine Suche in die Vergangenheit, die sie zunächst zu Gesprächen mit allen Dorfbewohnern und dann bis nach Frankreich führt.

Thema und Genre
In diesem Roman geht es um Familie, Eltern und Kinder, Erinnerungen und prägende Kindheitserlebnisse, ein wichtiges Thema ist die Suche nach dem eigenen, bewusst gestalteten Leben.

Charaktere
Elin ist Journalistin und arbeitet jetzt als Chefin vom Dienst bei einem norwegischen Modemagazin in Oslo. Durch das Unglück 1985 endet ihre unbeschwerte Jugend abrupt, Verlust und Trauer prägen sie bis heute. Mit dem Schriftsteller Ola, dem besten Freund ihres ältesten Bruders, verbindet sie immer noch eine vertraute Freundschaft. Es sind sympathische Figuren, deren Geschichte wir in diesem Buch folgen.

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird chronologisch von Elin als Ich-Erzählerin geschildert. Sie beginnt im Sommer 1985, die Haupthandlung schließt im Herbst 2007 an, reicht bis in den Sommer 2008 und endet dann in der Gegenwart, im Sommer 2019. Im Mittelpunkt steht Elin znd ihr Leben, ihre Recherchen zu den Ereignissen im Jahr 1985 wechseln mit Beschreibungen ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit ab. Ergänzt wird die Handlung durch viele Rückblenden, Elins Erinnerungen und ergänzende Details, die sich durch die Erinnerungen der Personen ergeben, mit denen sie spricht und denen sie ihre Fragen stellt, bis sich die Geschichte zu einem stimmigen Gesamtbild fügt. Die Sprache ist sehr angenehm zu lesen, nimmt sich auch Zeit für die Beschreibung der Landschaft des Nordlands, der zwischenmenschlichen Aspekte, die Schilderung des Lebens in der Gemeinschaft eines kleinen Ortes, und der internationalen Modewelt, Elins Berufsumfeld – das alles bunt, nachvollziehbar und ohne Längen.

Fazit
„Wer unsere Eltern wirklich waren, werden wir vielleicht nie erfahren. Aber wer sie für uns sind, entscheiden wir zum Glück selbst.“ (Pos. 3096) Dies ist eines der Kernthemen in dieser vielschichtigen, stimmigen Geschichte, die mich in packenden, angenehmen Lesestunden nach Norwegen entführt hat.


von: Tarjei Vesaas
von: Friedrich Kröhnke
von: Domenico Müllensiefen
 

alasca

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13. Juni 2022
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Das klingt sehr gut, schöne Rezi.

Was mir nur nicht ganz klar geworden ist: Warum ist es so seltsam, dass nach dem Unglück im Kalender des Vaters keine Einträge mehr sind? Kann nicht anders sein - seltsam wäre doch, wenn es noch welche gäbe, nach seinem Tod?
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Kann nicht anders sein - seltsam wäre doch, wenn es noch welche gäbe, nach seinem Tod?
Das kann ich jetzt beantworten, nachdem ich den Roman gelesen habe. Der Vater hatte stets langfristige Geschäftstermine in seinem Kalender vermerkt. Eigentlich hätten also im Herbst auch schon solche Termine drinstehen müssen.

Warum das nicht so ist, musst du dir selbst erlesen. ;)
 
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alasca

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13. Juni 2022
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Das kann ich jetzt beantworten, nachdem ich den Roman gelesen habe. Der Vater hatte stets langfristige Geschäftstermine in seinem Kalender vermerkt. Eigentlich hätten also im Herbst auch schon solche Termine drinstehen müssen.

Warum das nicht so ist, musst du dir selbst erlesen. ;)
Das kann ich mir jetzt schon denken. :cool:
 
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