Rezension Rezension (5/5*) zu Das Buch der vergessenen Artisten: Roman von Vera Buck.

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Das Buch der vergessenen Artisten von Vera Buck
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Ein Stück wertvoller Erinnerungen

Ein Stück wertvoller Erinnerungen

Was macht man, wenn man als dreizehnter Sohn eines Bohnenbauern geboren wird, und eine Bohnenallergie hat? Man geht zum Jahrmarkt!
So hat Mathis Bohnsack es zumindest gehandhabt.
Mathis ist immer schon derjenige in der Familie gewesen, der viel einstecken musste. Er hat ein krankes Bein das ihn einschränkt, sein Verstand jedoch ist herausragend. Doch in dem kleinen Dörfchen in dem er lebt, ist dies nicht von großer Bedeutung. Als der Jahrmarkt Einzug hält, ist Mathis fasziniert vom Röntgenapparat. Eine Welt öffnet sich ihm, die er fortan nicht mehr missen möchte. Er begibt sich also mit den Schaustellern auf die Reise. Meister Bo, der den Röntgenapparat betreibt, stellt Mathis als seinen Assistenten ein. Der griesgrämige Röntgenkünstler ist nicht sehr einfühlsam, doch Mathis hat seine Berufung gefunden, er möchte nichts anders mehr tun.

Später, nach dem Tod Meister Bos, lernt er die Kraftfrau Meta kennen und lieben. Er wohnt mit ihr und ihrem zurückgebliebenen Bruder Ernsti in einer Wohnwagensiedlung. Doch die Zeiten sind hart, vieles wird verboten in Deutschland zu dieser Zeit. Meta und Ernsti sind Juden, sie müssen fürchten weggesperrt zu werden.
Mathis kann dies alles nicht nachvollziehen. Er möchte den Artisten eine Stimme geben, er möchte, dass ihr Tun nicht in Vergessenheit gerät. Er schreibt an einem Buch, in dem er die Lebensgeschichte der Schausteller schreibt. Er muss dabei sehr vorsichtig sein, das Buch darf nicht versehentlich in die falschen Hände geraten. Außerdem plagt Mathis die Sorge seine Hand zu verlieren. Die Röntgenstrahlen schädigen ihn seit vielen Jahren. Kaum jemand wusste von der Gefahr, die Mathis wahrscheinlich aufgrund der Faszination sogar in Kauf genommen hätte.
Als Ernsti und einige andere Schausteller abgeholt werden, beginnt für Mathis und Meta ein wahre Odysee um in wieder zu finden.

Vera Buck hat einen sehr bewegenden und fesselnden Schreibstil. Sie bringt viele bekannte Ikonen in die Handlung mit ein. Die Idee, die Geschichte der vergessenen Artisten in einem Roman einzufangen ist mehr als gelungen. Ein Tribut an all die genialen und talentierten Sänger, Schauspieler und der anderen Künstler, die im nationalsozialistischen Deutschland ausgegrenzt und an ihren Darbietungen gehindert wurden.
Am Beispiel der Geschichte von Mathis und Meta, die der Leser aus verschiedenen Zeiten kennenlernt, bekommt man einen guten Einblick in die Wirren und Zustände der damaligen Zeit. Die Ängste und die Ungerechtigkeit wird klar beschrieben, die Hilflosigkeit der Einzelnen ebenso.
Der Roman macht aber auch Mut, und zeigt, dass es trotz der schwierigen Lage noch Menschen gab, die sich gegenseitig geholfen haben. Mehr als eine brenzlige Situation in die Mathis und Meta geraten sind, wurde durch die Unterstützung netter Menschen zum positiven gewendet.
Der Roman hat mich sehr überrascht. Erwartet habe ich eine spannende Geschichte, die habe ich auch bekommen! Mit so einem Tiefgang habe ich allerdings nicht gerechnet. Vera Buck konnte mich mit diesem Werk voll und ganz überzeugen!

 
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