Rezension (5/5*) zu Athos 2643: Roman von Nils Westerboer

Irisblatt

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15. April 2022
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Buchinformationen und Rezensionen zu Athos 2643: Roman von Nils Westerboer
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Fesselnd, komplex, mysteriös

Nils Westerboer hat mit „Athos 2643“ einen hochkomplexen, faszinierenden und sehr fesselnden Roman geschrieben.
Rüd Kartheiser ist spezialisiert auf das Verhören künstlicher Intelligenz. Sein neuester Auftrag führt ihn auf den kleinen Neptunmond Athos. Die einzigen Bewohner sind wenige cönobitische Mönche, die dort abgeschieden und jenseits sämtlichen Komforts leben. Als einer von ihnen aus ungeklärten Gründen zu Tode kommt, gerät die dort verantwortliche künstliche Intelligenz, genannt MARFA, unter Mordverdacht. Rüd soll in einem komplizierten Prozess, der sich Inquisition nennt, die MARFA dazu bewegen, ihre ethischen Einstellungen so zu verändern, dass sie ihre lebenserhaltende Funktion zukünftig besser ausführen kann. Rüd wird von seiner holografischen Assistentin Zack begleitet, die ebenfalls eine künstliche Intelligenz ist. Die gesamte Geschichte wird aus Zacks Perspektive erzählt, was äußerst interessante Einblicke in diese zukünftige Welt sowie über das Menschsein ermöglicht.
Rüds Vorhaben stößt nicht nur bei der MARFA, sondern auch bei den Mönchen auf unerwarteten Widerstand. Stück für Stück entfaltet sich eine Geschichte, die immer wieder durch unvorhersehbare Wendungen überrascht und erst gegen Ende ein Gesamtbild ergibt. Der Weltenaufbau ist komplex und steckt voller kreativer Ideen. Ich mochte die Atmosphäre, die durch die Mönche etwas Düsteres und zuweilen fast mittelalterlich Anmutendes hatte. Besonders gut gefallen haben mir die Verknüpfung von philosophisch-ethischen Fragen mit einer theologischen Weltsicht sowie das Spiel mit der Mehrdeutigkeit von Sprache. Westerboer beschäftigt sich, wie zahlreiche Science Fiction Autoren auch, mit der Frage, was den Menschen von einer künstlichen Intelligenz unterscheidet und wann die Grenzen zwischen Mensch und Maschine sich aufzulösen beginnen. Lediglich am Ende des Romans, hätte ich mir gewünscht, dass manches ausführlicher erzählt worden wäre. Die losen Fäden bieten Stoff für einen zweiten Band, den ich sehr gerne lesen würde. Das Glossar ist äußerst hilfreich für das Verständnis zentraler Begriffe, hätte für mich aber noch ausführlicher sein können. „Athos 2643“ erfordert aufmerksames Lesen, um die Schlüsselsätze nicht zu verpassen. Es handelt sich um keine „Entspannungslektüre“, aber um einen fesselnden, vielschichtigen Roman, der zum Nachdenken anregt, nachhallt und bei dem es auch bei mehrmaliger Lektüre noch Neues zu entdecken gibt.

von: Doris Knecht
von: Andreas Moster
von: Geetanjali Shree
 
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