Rezension Rezension (5/5*) zu Arminuta von Donatella Di Pietrantonio.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Familie kann man sich nicht aussuchen

L’arminuta - die Zurückgekehrte - wird sie genannt, das namenlose Mädchen, das mit 13 Jahren von den Zieheltern zu den leiblichen Eltern zurückgebracht wird. Statt einem Leben in der Stadt in einem Haus am Meer, guter Schule, Freundinnen, ordentlicher Kleidung und reichlich zu essen findet sie sich in einer kinderreichen Familie ohne Bildung, primitiven Umgangsformen, ohne Zuneigung wieder. Eigentlich will sie dort am Land auch niemand haben. Die Mutter ist mit den sieben Kindern überfordert, die älteren Brüder ungehobelte ordinäre Kerle. Der Vater ist kaum anwesend. Nur zu Adriana, der 10-jährigen Schwester und dem Baby Giuseppe findet sie eine Bindung.
Es ist eine traurige Geschichte über das karge Leben einer Entwurzelten. Sehr eindrucksvoll ohne Rührseligkeit lässt die Autorin Donatella di Pietrantonio Arminuta erzählen, über den Kummer und das Unvermögendes ihre Lebensveränderung zu begreifen. Die mangelnde Zuneigung und Lieblosigkeit in dieser Familie ist erschreckend. Die „Mutter vom Meer“ und die „Mutter im Dorf“ könnten nicht unterschiedlicher sein. Instinktiv wendet sie das inzestuöse Verhältnis, das sich zwischen ihr und dem ältesten Bruder Vincenzo anbahnt ab „Wir waren es nicht gewöhnt, Geschwister zu sein“, sagt sie. Nur ganz langsam findet sie Zugang zu ihrer biologischen Mutter. Auch Jahre später wird sie mit ihren Müttern nie im Reinen sein. Familie kann man sich nicht aussuchen, Arminuta hatte sogar zwei und in beiden konnte sie ihren Platz nicht finden.
Es ist ein sehr stilles Buch, die Geschichte ging mir sehr nahe.


 

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