Rezension (5/5*) zu Alles, was wir nicht erinnern von Christiane Hoffmann

pengulina

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22. November 2022
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Buchinformationen und Rezensionen zu Alles, was wir nicht erinnern von Christiane Hoffmann
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Wie überlebt man nach der Flucht?

Die Autorin spürt ihrer Familiengeschichte nach, indem sie den Fluchtweg ihres damals neunjährigen Vaters aus Schlesien allein und zu Fuß nachgeht. Sie trifft auf dem Weg in Polen und Tschechien Menschen, mit denen sie über Flucht und Vertreibung redet und bei der Gelegenheit über deren eigene Herkunft aus dem Osten Polens und der Ukraine erfährt. Parallel erzählt sie ihre eigene Familiengeschichte, die geprägt ist von Traumata und Verdrängung, der Suche nach Heimat und dem Wunsch, dazuzugehören. Im Mittelteil werden auch die geschichtlichen Hintergründe beleuchtet, das Potsdamer Abkommen, die Oder-Neiße-Linie, die Umsiedelungen.

Dabei findet Frau Hoffmann eingängige Bilder für Orte und Menschen und beschreibt in einer fast poetischen Sprache ihre Gefühle und Empfindungen sowie ihr Familien-„Gepäck“ eines Flüchtlingskinds. Die Ebene wechselt immer wieder entlang des Wegs von der Gegenwart in die Vergangenheit, vom eigenen Wandern in den Flüchtlingstreck, von eigener Erfahrung ins Allgemeine. Interessant fand ich vor allem, dass gerade in Polen bei der älteren Generation die Angst vor Russland vorherrschte, gar nicht mal die negativen Gefühle den Deutschen gegenüber; man war ja aus Ostpolen selbst in den Westen des Landes zwangsumgesiedelt worden.

Ich habe ein E-Book aus der Onleihe gelesen, empfehle das Buch und vergebe fünf Sterne.

Die Autorin ist heute stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung.


 
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