Rezension Rezension (5/5*) zu 1794: Roman (Winge und Cardell ermitteln, Band 2) von Niklas Natt och Dag.

Amena25

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23. Oktober 2016
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Der Mensch ist des Menschen schlimmster Feind

Wer ,,1793“ gelesen hat, weiß, was ihn erwartet. Mit dem Roman ,,1794“ führt der Autor Niklas Natt och Dag den Leser erneut nach Stockholm am Ende des 18. Jahrhunderts und bietet wieder ein spannendes, vielseitiges, teils aber auch sehr brutales Leseerlebnis.
Nach Cecil Winges Tod und den gemeinsamen Ermittlungen ist der Kriegsveteranen Jean Michael Cardell wieder auf sich allein gestellt. Außer Kneipen, Alkohol und Schlägereien gibt es nicht viel Abwechslung in seinem Leben. Da sucht ihn eine Frau auf und bittet ihn um Hilfe, den mysteriösen Tod ihrer Tochter aufzuklären. Diese wurde in der Hochzeitsnacht grausam ermordet, der frisch angetraute Ehemann wurde als Mörder identifiziert und ins Irrenhaus eingewiesen. Allerdings zweifelt die Mutter der Ermordeten an dieser Version. Cardell findet Unterstützung in Cecil Winges jüngeren Bruder Emil. Dieser ist allerdings nervlich angeschlagen, hat immer wieder Visionen und Cardell, selbst ja kein Kind von Traurigkeit, muss ihn zunächst vom Alkohol wegbringen.
Im ersten Teil begleitet man den jungen Adligen Erik Drei Rosen, der von seinem strengen Vater auf die Karibik-Insel Saint-Barthélemy geschickt wird. In der damaligen schwedischen Kolonie blüht der Sklavenhandel und Erik lernt nicht nur menschliche Abgründe, sondern auch den undurchsichtigen Geschäftsmann Tycho Ceton kennen, der den naiven jungen Mann unter seine Fittiche nimmt.
Wie schon in ,,1793“ wirken die vier Teile des Romans, die nach den vier Jahreszeiten benannt sind, zunächst eigenständig. Erst nach und nach erschließt sich der Gesamtzusammenhang zu einer gut konstruierten und schlüssigen Geschichte.
Allerdings kommt man als Leser gelegentlich auch an die Grenze des Ertragbaren. Niklas Natt och Dag äußerst anschaulicher und schonungsloser Stil vermittelt das Geschehen hautnah, seien es die Gerüche und Geräusche der Stadt, Landschaftsschilderungen oder die Beschreibung der Zustände im Tollhaus. Allerdings macht der Autor auch nicht Halt vor grausamen und brutalen Szenen, z.B. wie Sklaven behandelt und bestraft werden.

,,1794“ ist ein absolut lesenswerter historischer Kriminalroman, allerdings nichts für zart besaitete Leser.