Rezension Rezension (5/5*) zu 1793: Roman von Niklas Natt och Dag.

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
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49
Wien
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Beeindruckendes historisches Sittenbild. Kriminell gut!


Es ist Herbst in Stockholm, im Jahre 1793. Im Abwasser werden menschliche Überreste gefunden, grausam entstellt. Es sind zwei Männer, die sich berufen fühlen, diesen grausamen Mord aufzuklären. Sie können unterschiedlicher nicht sein. Der Kriegsveteran Mickel, ungeschlacht, vierschrötig, ein Häscher, Stadktnecht, Säufer. Trotz amputiertem Arm geht er keiner Prügelei aus dem Weg. Gleichwohl trägt er sein Herz am rechten Fleck. Auch Cecil Winge strebt vor allem nach einem, Gerechtigkeit. Der sterbenskranke Jurist will jeden Delinquenten bis zum Schluss anhören. Die Zeit läuft ihm davon, nicht nur seine Lebenszeit ist knapp bemessen, auch politische Veränderungen zwingen ihn zu handeln.

1793, das Meisterwerk von Niklas Natt och Dag, legt eine unglaublich hohe Latte an das Genre historischer Kriminalroman. Nicht nur die zeitliche Perspektive, wir bewegen uns in den Jahreszeiten rückwärts, ist ganz besonders. Die Atmosphäre in der Stadt wirkt, man gerät wie in einen Rausch, nicht nur weil dieses Buch so Alkohol geschwängert ist. Es wird gesoffen, gehurt, geschlagen, gemordet. Die Geschichte (nicht das Buch) ist widerwärtig, abstoßend, und zugleich faszinierend. Nass, schmutzig, schwärend, düster, brutal und hässlich. Kaum ein negatives Gefühl wird nicht angesprochen. Stockholm ist ein unerträglicher Sumpf voller Niedertracht, Habgier, obsessiver Lust und Verzweiflung.

„So ist wohl die Welt – jede Menge Finsternis und nur wenig Licht“

Es ist ein eindrucksvolles Sittengemälde, hervorragend recherchiert, Krieg, politische Ränke Korruption, die weitreichenden Auswirkungen der französischen Revolution, Bigotterie fordern ihre Tribute. Beeindruckend!



 
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