Sukhin, 35, Single, führt ein geregeltes Leben zwischen Lesen, Arbeiten und Besuchen bei den Eltern, um deren Kartonsammlung zu hegen und zu pflegen. Er hat nur einen Freund, einen Lehrerkollegen, der ihn durch schiere Hartnäckigkeit zu einer Freundschaft gezwungen hat. Als er eines Nachmittags in Chinatown Besorgungen macht, stolpert er über eine Obdachlose, die ihn wiedererkennt. Sukhin wird durch die zufällige Begegnung völlig aus der Bahn geworfen. Als er tiefer gräbt, bricht Chaos aus, flankiert von Kuchen und Tee und stapelweise Karton. Eine wunderbar einfühlsames Porträt zweier zutiefst einsamer Individuen auf der Suche nach dem Mut, die Komfortzone zu verlassen und ihr Leben zu leben – und gleichzeitig Singapurs, wie es leibt und lebt, schmeckt und riecht, auch in Gefilden, die normalerweise im Verborgenen bleiben.Kaufen
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„Zweckfreie Kuchenanwendungen“ machen richtig Appetit auf mehr – nicht nur auf die zahlreichen köstlichen Gerichte, Teesorten und Kuchenarten, die in dem Roman reichlich Beachtung finden, sondern auch auf mehr frische, feine, unterhaltsame und mutige Literatur aus Singapur. Yeoh Jo-Ann ist eine tiefsinnige, witzige, famos geschriebene Aussteigergeschichte vor der lebendigen Kulisse des bis ins Detail durchstrukturierten und stark reglementierten Stadtstaates gelungen, die sich traut Grauzonen anzusprechen und auf sympathische Weise zu präsentieren ohne didaktisch den Zeigefinger zu erheben.
Im Mittelpunkt der überaus lesbaren Story steht der Literatur-Dozent Sukhin, ein etwas griesgrämiger Mittdreißiger, der sein Fach liebt, seine Studenten und Kollegen (mit Ausnahme des temperamentvollen und überschwänglichen Dennis) aber gerade nur so toleriert. Sukhins Figurenzeichnung ist bis ins letzte Detail geglückt. Sie überzeugt nicht nur von der Anlage und Entwicklung her, Sukhin ist auch perfekt in seine Welt eingebettet. Sein Arbeitsleben wird äußerst präzise und zutreffend geschildert. So humorvoll und bisweilen unwahrscheinlich Klausurdiskussionen, Hausarbeitskorrekturen und Fachkonferenzen auch anmuten, nichts davon ist realitätsfern, sondern im Gegenteil ein authentisches Abbild des Dozentenleben.
Sukhins Einerlei wird eines Tages ordentlich durcheinandergerüttelt, als er seine alte Liebe Jinn zufällig wiedertrifft und feststellt, dass sie offiziell „verschwunden“ ist und ein – in Singapur fast unmögliches – Leben als Obdachlose führt. Durch den Kontakt mit Jinns Welt und ihrem Wunsch nach Freiheit gerät auch Sukhins festgefahrenes Denken ins Wanken.
Was sich nach einer simplen, möglicherweise mit leichten Achtsamkeits-Thesen verbrämten, Liebesgeschichte anhört, ist tatsächlich ein recht tiefsinniges Stück Literatur, das im Mantel eines fluffig-süffigen Erzählstils daherkommt, der nicht nur Dialoge ausgezeichnet beherrscht und Situationskomik punktgenau abliefert, sondern auch leichtfüßig Subtexte einbindet, die man aufgrund der hohen Lesbarkeit nur allzu leicht überliest. Beispiele hierfür sind die Auswahl der Namen, die Bedeutung von Blumen, die kurzen kursiv gedruckten Passagen, die jedem Kapitel folgen, die genaue Beschreibung von Singapurs gepflegten Parkanlagen mit ihrer künstlich hergestellten Wildheit oder auch die Einbindung von Lyrik, die (zumindest zu dem Zeitpunkt als der Roman in Singapur erschien) durchaus noch als subversiv gelten konnte. Für diese Aspekte sollte man sich Zeit nehmen und sie etwas in sich bewegen.
Auch wenn der Text auf den letzten Metern etwas schwächelt und in der vorliegenden Ausgabe insgesamt zu viele Grammatikfehler enthalten sind, bin ich von dem Roman überaus angetan und würde mir sehr viel mehr Geschichten dieser Art wünschen.
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