Rezension Rezension (4/5*) zu Xerubian - Barb Ylon von Andreas Hagemann.

Renie

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19. Mai 2014
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Gott hat mal wieder Mist gebaut ...

"Gott hat mal wieder Mist gebaut" - Das war mein erster Gedanke, nachdem ich die ersten Seiten des Fantasyromans "Xerubian - Barb Y'Lon" gelesen habe.
Und wer den Vorgängerroman Xerubian - Aath Lan'Tis gelesen hat, wird verstehen, was ich meine. Es ist, als ob es gestern gewesen wäre, dass ich den ersten Teil gelesen habe. Und genau wie beim Vorgänger, bin ich schon nach wenigen Seiten in die fantastische Welt von Xerubian abgetaucht.

Klappentext
Ein heftiges Beben erschüttert die friedliche Welt von Xerubian. Kurz darauf erscheinen riesige Gewitter, in denen ganze Ortschaften verschwinden.
Inspektor Dalon, dessen bequemer Dienstdrache Nerol und ihre beiden Begleiter untersuchen die Geschehnisse. Als ihre Nachforschungen gerade beginnen, überrascht sie eines der Gewitter und transportiert sie in eine andere Welt. Eine Welt aus Dunkelheit und Tod. Sie ahnen nicht, dass diese nur noch wenige Tage existiert.


Die Charaktere
Was habe ich habe mich auf das Wiedersehen mit meinen "alten Freunden" aus dem 1. Teil gefreut: Inspektor Dalon, der kurz vor der Pensionierung steht, sein Freund und Kollege, der junge Martandi sowie die beiden tollpatschigen und verfressenen Drachen Nerol und Dragon. Die vier Freunde haben nichts von ihrem Humor und der Herzlichkeit im Umgang miteinander eingebüßt. Und doch wirken sie gereifter und überlegter. Sie haben fast schon etwas Heldenhaftes an sich. Das Abenteuer, welches sie im ersten Teil zu bewältigen hatten, hat sie geprägt. Und das merkt man ganz deutlich.

Neben bekannten Figuren hat Andreas Hagemann weitere interessante Charaktere ins Leben gerufen, allen voran Sayo. Er ist das jüngste Mitglied des Rates von Barb Y'Lon, der seinen älteren Kollegen Unfähigkeit und Untätigkeit angesichts der drohenden Zerstörung ihrer Welt vorwirft. Sayo eckt an. Er ist sehr ehrgeizig und versucht, seine Ziele mit allen Mitteln zu erreichen. Sein oberstes Ziel scheint die Rettung seines Volkes zu sein.

In Xerubian hingegen versucht Olaf, ein einflussreicher Bürger und Ratsmitglied von Aath Lan'Tis, ebenfalls seine Welt vor dem Untergang zu bewahren. Man kennt Olaf noch aus dem ersten Teil. Er scheint in Xerubian das Gegenstück zu Sayo zu sein. Man kann viele Parallelen zwischen den beiden erkennen. Nur, dass Sayos Handeln von Ehrgeiz geprägt ist. Olaf wirkt eher wie der weise und intelligente Philantrop, dem nichts anderes als das Wohl seines Volkes am Herzen liegt.

Der Humor
Eigentlich merkwürdig, bei einem Weltuntergangsszenario von Humor zu sprechen. Aber trotzdem gelingt es Andreas Hagemann wie im ersten Teil seinen feinsinnigen Humor einzusetzen. Wo die Handlung es zulässt, findet man diesen Humor. Es gab sie wieder, die überraschenden witzigen Momente, bei denen ich lauthals losgelacht habe. Nur, dass diese Momente dosierter waren, was völlig in Ordnung ist. Schließlich geht es in diesem Roman um den Weltuntergang, da würde ein Übermaß an Humor der Handlung die Glaubwürdigkeit nehmen.

"Wie gut ihm allein der Gedanke daran tut - insbesondere nach dem kargen, kurzen und viel zu kleinen Frühstück. Gerade einmal fünf Kilogramm Früchte hat es gegeben. Fünf! Eine Diät und er hat es nicht mal gemerkt. Eine Diät. Für einen Drachen! Dieser vor Kraft und Energie strotzende Organismus brauchte Fleisch, keine gärenden Früchte, die kaum mehr bewirkten als Gewichtsverlust durch übermäßige Gasproduktion." (S. 20)

Die Dramatik
Andreas Hagemann kann nicht nur Lustiges schreiben. Das Weltuntergangsszenario, welches er hier beschreibt und die Panik und Verzweiflung, die damit einhergeht, haben schon etwas Dramatisches. Insbesondere zum Schluss steigert sich diese Dramatik ins Unermessliche. Die Spannung, die dabei entsteht ist fast schon atemberaubend.

"Straße um Straße kriecht die Einsamkeit und Leere in jeden Winkel. Trist und schwer. Als wäre dies ein Traum, in dem man sich frei bewegen kann, man funktioniert einfach nur. Die zahlreichen Gebäude ziehen wie tote Bäume an ihm vorüber. Der weite Platz, der zwischen den Bauten erscheint, empfängt ihn wie ein Totenfeld. Nur die vereinzelten Wagen und Tische und Lumpen deuten an, dass es hier einst Leben gab." (S. 275)

Die Fantasie
An diesem Buch fasziniert mich die Komplexität der Fantasiewelt. Schon nach wenigen Seiten ist man in dieser Welt voll und ganz abgetaucht. Die Beschreibung der Umgebung und der Figuren ist so akribisch, dass man als Leser das Gefühl hat, sich selbst in dieser Fantasiewelt aufzuhalten. Da wird auf jedes kleinste Detail geachtet. Das ist wie Lesen in 3-D.

"Der Lichtschein landet auf diversen Baumspitzen, die sich überraschenderweise nicht allzu weit unter ihnen befinden. Gleißendes orangefarbenes Licht ergießt sich plötzlich frontal auf sie und nimmt ihnen die Sicht. Die Lichtquelle ist riesig und dermaßen hell, dass Martandi und Dalon nun glimmende Punkte vor den Linsen tanzen. Es ist das Leuchten ihres Zieles, das sie erst hat aufbrechen lassen." (S. 201)

Mein Fazit
Mit dem ersten Teil "Xerubian - Aath Lan'Tis" hat Andreas Hagemann die Messlatte sehr hoch gehängt.
Anfangs habe ich den Fehler gemacht, beide Bücher miteinander zu vergleichen. Doch ich habe schnell festgestellt, dass dies beiden Büchern nicht gerecht wird. Bei dem Einen stand für mich der Humor im Vordergrund, bei dem Anderen geht es für mich um Dramatik und Spannung.
Xerubian Barb Y'Lon ist eine tolle Geschichte, hervorragend ausgearbeitet mit einem beeindruckenden Fantasieszenario, das Seinesgleichen sucht. Und doch hat mich dieser Roman nicht so begeistert wie der erste Teil, was einfach an meinem persönlichen Geschmack liegt. Trotzdem möchte ich jedem Freund intelligenter Fantasy empfehlen, die Welt von Xerubian zu bereisen. Es lohnt sich!

© Renie

von: A.P. Glonn
von: Christine Dwyer Hickey
von: Eva Björg Ægisdóttir