Rezension (4/5*) zu Wintersturm von John Vercher

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Wintersturm von John Vercher
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Abbild des amerikanischen Rassismus

Pittsburgh 1995, Bobby Saraceno ist 22 Jahre alt, er arbeitet in einem Restaurant im Schichtbetrieb. Seine Mutter Isabel ist Alkoholikerin, die finanzielle Situation regelmäßig prekär. Bobbys Freund Aaron saß einige Zeit wegen eines Drogendelikts im Gefängnis. Gleich an seinem ersten Abend in Freiheit erschlägt Aaron einen jungen Schwarzen, während Bobby Zeuge dieser Tat war.

Wintersturm ist der Titel des Debütromans von John Vercher. „Three-Fifths“, wie der Originaltitel des Romans lautet, erzielte einige Auszeichnungen. Es ist ein Buch im Zeichen des blacklivesmatter.

Vercher siedelt seine Story im Jahr 1995 an. In diesem Jahr fand der Prozess gegen O.J. Simpson statt und dieses Ereignis wird im Roman auch mehrfach erwähnt. Auch wenn die deutsche Ausgabe unter der Bezeichnung Kriminalroman erscheint, handelt es sich eigentlich viel mehr um eine Milieustudie und ein Abbild des amerikanischen Rassismus.

Bobby, so erfährt man schon im Klappentext, ist ein gemischtrassiger Schwarzer. Doch weiß sein bester Freund Aaaron nichts davon. Aaron hingegen hat vor seiner Haft den Style schwarzer Jugendlicher imitiert. Im Gefängnis wird der junge Mann nach schweren Verletzungen unter den Schutz einer arischen Bruderschaft gestellt und radikalisiert.

Erzählt wird die Geschichte aus drei Blickwinkeln: Bobby, Bobbys Mutter und Robert, dem Arzt, der Aarons Opfer im Spital behandelt. Mit dem Perspektivenwechsel nimmt Vercher immer wieder auch das Tempo nach aufgeladenen gewaltsamen Handlungsteilen.

Schwarz, Weiß, Herkunft und Identität, Schuld und Gewissen sind die Schlagworte für diesen Roman.

„Was bist du eigentlich für eine?“, fragte er sie…… „Ich bin ein Mensch“, sagte sie….
Eine Nebenfigur der Handlung wird zum moralischen Zeigefinger.

Der „Three-Fifths Compromise“ - die Drei-Fünftel-Klausel - aus 1787 legte fest, dass jeweils drei von fünf Sklaven bei der Volkszählung mitgezählt werden sollten. Der europäische Leser kann sich diese Information selbst erarbeiten, aber Verchers Anliegen, den Menschen nicht aufgrund der Hautfarbe unterschiedliche Werte beizumessen muss auch ohne dieses „Hintergrundwissen“ gehört werden.



 
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