Rezension Rezension (4/5*) zu Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden: Roman von Genki Kawamura.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden von Genki Kawamura
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Sinnsuche auf japanisch

Nur mehr wenige Tage zu leben, inoperabel, dem Tod geweiht. Diese niederschmetternde Diagnose erhält ein junger Postbote eines Tages. Doch bevor er sich überhaupt Gedanken über seine drastische Situation machen kann, geschieht etwas höchst Seltsames. Der Teufel, tritt in sein Leben. Äußerlich des Ebenbild des Totkranken, wenn dieser sich nicht durch schrillen Kleidungsstil und sehr ungehobelten Verhalten unterscheiden würde. Das Angebot lautet: Für jeden Tag mehr Lebenszeit muss eine Sache von der Welt verschwinden.
Das Buch lässt sich sehr philosophisch an. Was sind wir bereit für unser eigenes Leben zu opfern. Zeitfresser wie Telefone, später Uhren, Filme, doch bei Katzen war Schluss für den Postboten. Der junge Mann erinnert sich an seine Familie, an seine Mutter, die vor einigen Jahren verstarb, an seinen Vater, mit dem er seither keinen Kontakt hat. Das Bindeglied all seiner Erinnerungen ist sein Kater Weißkohl. Er begreift, was die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind, Familie, Beziehungen, Begegnungen.
Der Japaner Genki Kawamura schreibt mit einem Augenzwinkern, die Dialoge zwischen dem Postboten und dem Teufel aber auch mit dem Kater sind skurril und bisweilen auch witzig. Manchmal erschien mir der moralische Zeigefinger zu sehr erhoben, lässt uns aber darüber nachdenken, wie weit wir uns wirklich zu Sklaven der Smartphones, des Zeitdrucks machen, wie weit uns Digitalisierung isoliert. Aber alles hat doch zwei Seiten, ohne Telefon oder Internet könnten wir auch beispielsweise nicht so einfach Kontakt halten zu Menschen, die uns wichtig, aber weit weg sind. Wären wir glücklicher, ohne den von uns Menschen definierten Zeitrahmen? Was wäre, wenn es tatsächliche keine Filme mehr gäbe, was folgt als nächstes, Musik, Literatur? Ich konnte keine Sinnhaftigkeit darin entdecken, den Menschen, als „Erziehungsmaßnahme“ das Schöne zu nehmen. Viele Fragen, die diese Parabel aufwirft. Die Antworten darauf müssen wir uns wohl selber geben.