Rezension Rezension (4/5*) zu Was uns erinnern lässt: Roman von Kati Naumann.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Was uns erinnern lässt: Roman von Kati Naumann
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Wiedergefundene Wurzeln

In ihrer Freizeit sucht Milla nach „Lost Places“ und im ehemaligen Grenzgebiet der DDR, unweit des Rennsteigs macht sie eine sensationelle Entdeckung. Mitten im Wald findet sie Bauschutt und eine Falltür die zu einem Keller führt. Geschirr, Leinen, Silberbesteck – alles mit dem Namen Hotel Waldeshöh. Aber auch alte Schulhefte findet sie, mit den Namen Andreas und Christine Dressel.
Es gelingt ihr Christine ausfindig zu machen und sie erfährt von Dressels Forst und der Geschichte des Hotels und der Familie.
In Rückblenden erzählt die Autorin von der Kriegszeit und den Anfängen der DDR. Wie schwierig es für die Familie Dressel im Grenzgebiet wurde. Eingeschlossen im Sperrgebiet und immer von der Ausweisung bedroht werden die Jahre 1957 bis 1977 prägend für die Familienmitglieder. Kein Gang ins nächste Dorf ohne Passierschein, kein Spaziergang im umgebenden Wald ohne die ständige Angst auf Grenzbeamte zu treffen, abgeschnitten von der Umgebung hoffen die Dressels immer noch, das Haus zu erhalten, vielleicht als Ferienheim für den FDGB, zumindest als Heimat. Aber die Schikanen werden immer perfider, der Überwachungsstaat hat sich perfektioniert und schon lange ist Freundschaft keine Garantie mehr für Loyalität.
Diese Familiengeschichte ist warmherzig erzählt. Die Nachkriegszeit und die Geschichte der frühen DDR wird hier im Einzelschicksal lebendig. Dabei gelingt es der Autorin Gegenwart und Vergangenheit zu verschmelzen und ihren Hauptfiguren Milla und Christine so viel Leben einzuhauchen, dass ich meinte, sie sprechen und erzählen zu hören. Wie die beiden Frauen zu Freundinnen werden und wie sie gemeinsam an eine Zukunft von Dressels Forst glauben, gefiel mir außerordentlich gut. Dabei kommen sie Geheimnissen auf die Spur, die Familie bis ins Mark erschüttern.
Ein ruhiger dahinfließender Erzählstil passt zu diesem Roman, es ist anrührend, aber ohne falsche Sentimentalität geschrieben. Eine schöne und bereichernde Lektüre.


 
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